Weinlese 2019 in Europa
Die EU-Kommission, das Internationale Amt für Rebe und Wein (OIV) und weitere internationale Institute, die mit der Erfassung der jährlichen Weinlese in Europa und der Welt beauftragt sind, rechnen für 2019 mit einer Weinernte in der Europäischen Union von 156 bis 160 Millionen Hektoliter – das ist im Vergleich zum Vorjahr mit über 190 Millionen Hektolitern deutlich weniger. Die Weinqualitäten werden durchwegs als gut und besser als 2018 beurteilt.
Mit 161 Millionen Hektolitern, die die EU-Kommission entsprechend EU-Verordnung 1308/2012 als Ergebnis der Weinmosternte 2019 aktuell veröffentlichte, liegt die Menge etwas unter dem Durchschnitt der Ernten in der Europäischen Union von 168 Millionen Hektolitern in den letzten fünf Jahren (Stand 20. Oktober 2019). Zur Erinnerung: 2017 lag die europaweite Ernte deutlich niedriger (bei 146 Millionen Hektolitern) und 2018 bei rund 190 Millionen Litern.
Für die kleineren Weinerzeugerländer wie Portugal (6,7 Mill. hl, +4%), Rumänien (4,9 Mill. hl, +4%), Ungarn (3,2 Mill. hl, +6%), Österreich (2,6 Mill. hl, +15%) weist die EU-Kommission bis auf Griechenland (2 Mill. hl, -20%) meist größere Ernten für 2019 im Vergleich zum fünfjährigen Durchschnitt aus.
Solche Ernteschwankungen sind auf landwirtschaftlichen Rohwarenmärkten eigentlich normal, aber in Zeiten einer industrialisierten Produktions- und Konsumwelt sorgen sie für Stress: Einerseits bei den Winzern und Erzeugerorganisationen wie Erzeugergemeinschaften, Genossenschaften und Weinhandelsagenturen und genauso auf der anderen Seite des Tisches bei Abfüllern, Kellereien und den Abnehmern im Lebensmittel- und Getränkefachhandel.
Weinernte in Europa
Meldungen, die Ernte 2019 in Europa sei um 15 bis 20 Prozent kleiner ausgefallen, sind richtig und nachvollziehbar, zugleich liefern sie einen falschen Eindruck, dass die Ernte 2019 den Bedarf nicht decken kann. Denn der Vergleich hinkt und entscheidend ist das mehrjährige Mittel der Ernten, aus der sich die Versorgung der Absatzmärkte speist.
Wein ist angesichts eines seit Jahren weltweit stagnierenden Weinmarktes genügend vorhanden, für große Preisausschläge nach oben besteht deshalb kein Grund. Bei einzelnen Kategorien könnten Mehr- oder Mindermengen dennoch für große Verwerfungen an den Fass- oder Bulkwein-Märkten sorgen.
„Obwohl die Käufer die Preise aus der neuen Ernte als viel zu hoch ansehen, muss man auch hier wieder relativieren. Natürlich ist ein Weißwein heute mit ca. 35 Eurocent pro Liter fast 65 Prozent teurer als noch vor der Ernte, aber die Preise vor der Ernte waren mit fast nur noch 20 Eurocent pro Liter auf ein derartig niedriges Niveau gerutscht, dass niemand mehr etwas am Wein verdiente. Ein Preis von rund 35 Cent pro Liter entspricht dem Durchschnittspreis der letzten Jahre“, skizziert Rudolf Beeck, Manger Europe & Asia vom spanischen Wein-Consultant „Select Wines“ aus Valencia, die derzeitige Marktlage im Bereich der Basis- und Grundweine.
Entscheidend für die Weinlese sind die drei großen Weinerzeugerländer: Italien mit rund 47,6, Frankreich mit 43,4 und i Spanien mit 38,1 Millionen Hektoliter (laut EU-Kommission). Inzwischen haben die einzelnen Länder nochmal etwas kleinere Ernten nach gemeldet. Italienische Institutionen gaben zuletzt eine Ernte von rund 45 und spanische von 34 Millionen Hektolitern bekannt. Wie dem auch sei: Die drei Länder stehen zusammen mit knapp 130 Millionen Hektolitern für rund 80 Prozent der Weinmostlese in Europa.
Für viele Marktteilnehmer sind die globalen Zahlen jedoch nur eine Größe unter vielen, entscheidender ist häufig, wie die Ernte in den einzelnen Ländern und Regionen und wie die am Ende die Qualität ausgefallen ist. Wie alle anderen europäischen Weinerzeugerländer hatten auch die französischen Winzer die extreme Hitze und fehlende Niederschläge im Sommer zu spüren bekommen. Das förderte zum einen eine frühere Reife im Vergleich zu früheren Jahrzehnten, zum anderen blieb der Weinbau durch die Trockenheit aber weitgehend von pilzlichen Erkrankungen und Schädlingsbefall verschont. Frankreichs Ernte unterschreitet den mehrjährigen Durchschnitt um rund 4 bis 5 Prozent. Die Erzeuger und ihre Vertreter sprechen alles in allem von gesundem Traubenmaterial, das sehr gute Weinqualitäten verspricht.
Italien bleibt Weinlese-Spitzenreiter
Italien fährt im Vergleich zum Vorjahr mit über 47,6 Millionen Hektolitern ebenfalls eine um 15 Prozent kleinere Ernte ein, die allerdings laut EU-Zahlen nur 3 Prozent unter dem mehrjährigen Mittel von 49,1 Millionen Hektolitern liegen soll. Inzwischen wurden die Erntemenge nach unten auf etwa 44 bis 45 Millionen Hektoliter korrigiert. Italien bleibt damit 2019 der mengenmäßig größte Weinerzeuger. Auf den Norden vom Piemont im Westen bis Veneto und Friaul im Osten einschließlich der Emilia Romagna entfallen rund 25,5 Millionen Hektoliter des Erntevolumens. Auf die Mitte mit Toskana, Marken, Umbrien, Abruzzen und Latium entfallen 7,4 Millionen Hektoliter und auf den Süden Italiens inklusive der Inseln Sizilien und Sardinien 13,1 Millionen Hektoliter. Die Qualität wird vom Oenologenverband Assoenologi als exzellent beurteilt. Die Moste verfügen über einen hohen Zuckergehalt bei gleichzeitig perfekter Balance zwischen pH-Wert und Säure.
Eine durchwachsenes Vegetationsjahr durchlebten die Winzer und Weinerzeuger Spaniens. Nach einem extrem heißen Sommer brachten im September sintflutartige, lokal sehr unterschiedliche Starkregen mit bis zu 300 Litern pro Quadratmetern Überflutungen und hierdurch bedingte Ernteschäden. Hauptbetroffen waren die Regionen im Süden von Andalusien, Almeria, Alicante, Murcia und Valencia bis zum süd-östlichen Teil von Castilla-La Mancha sowie Mallorca. Regionen, in denen später geerntet wurde, konnten die Trauben sogar noch etwas vom Regen partizipieren. Insgesamt fällt die spanische Ernte deutlich kleiner aus, insbesondere Rotweine, berichten Marktbeobachter, dürften knapper ausfallen.
Deutsche Weinlese 2019 bleibt stabil
Für Deutschland weist die EU-Kommission eine Ernte von neun Millionen Hektolitern aus, was rund 40 Millionen Liter über der von Weinbauverband und statistischem Bundesamt ausgewiesenen Erntevolumen von 8,6 Millionen Hektolitern liegen würde, die auf Schätzungen von Ende September beruhen. Man wird sehen, wer am Ende Recht hat. Die Ernte liegt damit leicht unter oder über dem mehrjährigen Mittel von rund 8,9 Millionen Hektolitern. Mit einem Erntevolumen von 2,5 Millionen Hektolitern bleibt Rheinhessen größtes deutsches Anbaugebiet und erntet sogar ein klein bisschen mehr als im 10-jährigen Mittel. Die Pfalz als zweitgrößtes deutsches Weinbaugebiet liegt bei 2,2 Millionen Hektolitern und 2 Prozent unter dem mehrjährigen Durchschnitt.
Deutlich kleiner fällt die Ernte von den größeren deutschen Weinbaugebieten in Württemberg (920.000 Hektoliter und minus 10%) und Franken (375.000 Hektoliter und minus 15 %) aus. Baden mit 1,2 Millionen Hektolitern und der Rheingau mit 20,5 Millionen Litern liegen nur unwesentlich unter dem Durchschnitt der letzten 10 Jahre.
Im Unterschied zu fast allen andern EU-Ländern weist Deutschland entsprechend den geltenden gesetzlichen Regelungen fast seine gesamte Ernte als „Qualitätswein“-geeignet aus. Auf EU-Ebene liegt dieser Prozentsatz weit niedriger und summiert sich auf rund 75 Millionen Hektolitern, was etwas weniger als der Hälfte der EU-Weinlese entspricht. Sogenannte „IGP-Weine“ (Landweine) werden in einer Menge von 31 Millionen Hektoliter erzeugt und auf Weine ohne Herkunftsangabe und Grundweine entfallen zusammen rund 48 Millionen Hektoliter.
Land | Mittel 5 Jahre | Produktion Traubenmost 2019 |
in 1.000 hl | in 1000 hl | |
Bulgarien | 1.137 | 895 |
Deutschland | 8.953 | 9.036 |
Frankreich | 45.202 | 43.356 |
Griechenland | 2.506 | 2.008 |
Großbritannien | 32 | . |
Italien | 49.088 | 47.600 |
Kroatien | 902 | 737 |
Luxemburg | 109 | 60 |
Österreich | 2.292 | 2.631 |
Portugal | 6.413 | 6.676 |
Rumänien | 4.097 | 4.902 |
Slowakien | 321 | 319 |
Sowenien | 629 | 661 |
Spanien | 42.886 | 38.100 |
Tschechische Republik | 664 | 568 |
Ungarn | 2.989 | 3.168 |
Zypern | 95 | 126 |
andere | 41 | 8 |
EU 28 | 168.355 | 160.900 |
Quelle: EU-Kommission vom 20.10.2019 |