Traubenpresse – von der Traube zum Wein

moderne industrielle Traubenpresse
© Scharfenberger GmbH & Co.KG

Traubenpressen, auch Weinpressen genannt, bieten eine ausgereifte Technologie. Sie sind bis heute zentrale Bestandteile einer jeden Weinkellerei, sofern die Kellerei selbst Trauben annimmt und die Weinproduktion ganz am Anfang der Prozesskette starten lässt. Pressen verlangen erhebliche Investitionen, weshalb ihre Beschaffung wohl überlegt und auf die Bedürfnisse des Betriebs abgestimmt sein müssen.  

Auch wenn Traubenpressen heute anders funktionieren und andere Technologie nutzen, gehören sie in ihren Urformen zu den ältesten Gerätschaften, die in der frühen Menschheitsgeschichte zu finden sind. Auffangbecken und Fundamente von Pressen oder Keltern, beide Begriffe sind geläufig, mit denen der Saft von Trauben und Früchten gewonnen werden konnte, finden sich seit der Frühzeit der Menschheitsgeschichte in Mesopotamien, in Ägypten und später überall dort, wo sich Griechen, Phönizier und später die Römer niederließen. In Ägypten pressten die Menschen die Trauben zwischen Tüchern und konnten so einen verhältnismäßig reinen Saft gewinnen. Die Römer nutzten bereits Keltern mit mächtigen Eichenbalken als Torkel, die bis in die Neuzeit die übliche Bauform darstellten.

Heutige Traubenpressen sind Hightech-Geräte, die mit dem Traubenmaterial so schonend wie möglich umgehen und zugleich sensorüberwacht mit dem gesamten vor- und nachgeschalteten Produktionsprozess digital vernetzt sind. Dabei muss alles passend aufeinander abgestimmt sein: Traubenannahme, Förder- und Pumpeneinrichtungen, Traubenmühle sowie Kelter und Zwischenlagerbehälter für die weitere Verarbeitung des gewonnenen Mostes.

Aufgrund der bis heute anhaltenden sinkenden Anzahl an Weinbaubetrieben, die zugleich größere Flächen bewirtschaften beziehungsweise größere Traubenmengen im Herbst zu bewältigen haben, ist die Nachfrage nach kleineren Pressen mit 20 oder 40 Hektoliter Inhalt rückläufig. Ersatz- und Neuinvestitionen finden eher im mittleren Bereich von 60 bis 80 Hektolitern statt. Bei größeren Betrieben oder Winzergenossenschaften reichen die Größen dann bis über 400 Hektoliter Inhalt hinaus, mit der die Pressen in einem Arbeitsgang befüllt werden können. 

Trauben an der Rebe vor der Traubenpresse
© Pixabay/ User: congerdesign

Die Traubenpresse: Lange Standzeit für kurzen Einsatz

Anders als viele anderen Gerätschaften in der Weinherstellung werden Traubenpressen nur für einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum im Jahr gebraucht. Die meiste Zeit stehen die gewaltigen Maschinen sorgsam eingepackt und konserviert in den Traubenannahmestationen, in Einfahrten oder im Keller und werden erst ein paar Wochen vor dem Herbst wieder auf Einsatzfähigkeit und Bereitschaft getestet. Dabei sind viele Teile an den Traubenpressen überaus massiv und so gut wie unzerstörbar, beispielsweise die Lager, die massiven Edelstahltrommeln, Abdeckbleche und Kanäle. Andere Teile wie Elektronik, Schläuche oder Druckmembranen unterliegen dagegen der Materialalterung und dem Verschleiß. Hier gilt es schon bei der Anschaffung auf solides Material und in jedem Fall eine ausreichende Ersatzteilversorgung wert zu legen.

Bevor die Trauben in die Weinpresse kommen, müssen sie geerntet werden. Die Traubenlese, auch Weinlese oder Weinernte, wird auch als „Herbsten“ bezeichnet. Das Wort Herbst hat sprachgeschichtlich denselben Ursprung wie das englische Wort harvest und bedeutete eigentlich „Erntezeit“. 

Gerade für Elektromotoren, die über 10 Monate stillstehen und dann wieder für ein paar wenige Wochen in Betrieb genommen werden und volle Leistung bringen sollen, ist dieser Rhythmus schlecht. Kontakte überziehen sich mit Oxidationsschichten und manchmal gleicht es einem Wunder, wenn eine solche Maschine nach langem Stillstand wieder zum Leben erweckt wird.

Hohe Anforderungen an Zuverlässigkeit, Bedienbarkeit und Reinigung

Die Anforderungen, die an eine Traubenpresse gestellt werden, sind schnell beschrieben: Die Presse soll stabil und gut verarbeitet sein, Be- und Entleerung sollen so einfach wie möglich und die Reinigung einfach und sicher sein. Zudem soll das Traubenmaterial so schonend wie möglich behandelt werden, denn letztlich will man den Saft reifer Trauben und nicht den gallig-grünen Pflanzenextrakt von Rappen, Stielen und grünen Schalen gewinnen. Die Bleche mit denen die Trauben in Berührung kommen sind daher heute meist mit feinen Strahlmitteln glasperlengestrahlt, speziell poliert oder satiniert, damit die Oberfläche so glatt wie möglich erscheint.

Glatte Oberflächen sind zudem für die Reinigung wichtig. Ein entscheidendes Thema, da heutzutage die Temperaturen im Herbst meist erheblich wärmer als früher sind und sich an etwaigen Trauben- oder Pflanzenresten leicht Bakteriennester bilden können. Hygiene ist daher eines der zentralen Themen in der Weinbereitung, weshalb moderne Traubenpressen sich durch neue Reinigungssysteme auszeichnen, die auch bei geschlossenen Pressen stattfinden können. Die Belange der modernen Önologie, der Lehre des Weinbaus, spielen dazu bei der Bemessung und Ausstattung der Weinpressen eine immer größere Rolle: Ganztraubenpressung und Maischestandzeiten verlangen mehr Pressvolumen. Die Scheiterzeiten, um den Tresterkuchen aufzulockern, sollen so klein wie möglich sein. 

Nahaufnahme einer Traubenpresse
© Pixabay / User: Gallila-Photo

Pneumatische Weinpressen sind heute das A und O

Das Prinzip der heute häufig verwendeten Membranpressen gleicht sich so gut wie bei allen Herstellern und Modellen. Mittels einer halbseitig im Trommelkorb angebrachten Membran werden die Trauben gegen einen geschlitzten Korb oder bei geschlossenen Pressen gegen innenliegende Saftkanäle gedrückt. Diese sind selbstreinigend und wirken wie eine Drainage.

Eine Ausnahme davon macht die Firma Willmes, die für ihre Weinpressen auch doppelseitig angebrachte Membranen anbietet, die die Trauben gegen vertikale Entsaftungsflächen im Innern der Presse drückt. Das Versprechen von Willmes: Diese wirken wie natürliche Drainagen. Das führt zu immer gleich kurzen Saftwegen und generell zu einer schnelleren und direkteren Entsaftung. 

Ein anderes System verwendet die Firma KVT, die für ihre Pressen einen komplett geschlitzten Edelstahlzylinder verwendet, gegen den eine zentral um die Achse der Trommel angebrachte Membran die Maische presst. Der Saft fließt dann über die gesamte Fläche des Presskorbes in die Auffangwanne.

Traubenpresse
© Willmes GmbH

Zusatzeinrichtungen erweitern den önologischen Spielraum 

Wird auf reduktiven Ausbau gesetzt, kommt die sogenannte Inertgas-Technologie mit Stickstoffüberlagerung zum Einsatz, die mit oder ohne Rückgewinnung des eingesetzten Stickstoffs ausgestaltet sein kann. Selbst der Auffangbehälter und der anschließende Lagertank können mit Stickstoff befüllt werden, so dass eine Kelterung nahezu ohne Sauerstoffeintrag sattfinden kann. Die heute bei einigen Traubensorten und Grundweinvarianten verwendete Ganztraubenpressung ist bei so gut wie allen Pressmodellen möglich. Bei sich verändernden Füllvolumen ist entscheidend, dass unterschiedliche Steuerungsprogramme zur Verfügung stehen, vom Vorentsaften mit Vorpressstufen über eigentliche Pressstufen mit steigendem Druck hin zu abschließenden Enddruckstufen. 

Für viele Anwender ist es auch wichtig, die Trauben von Beginn der Weinproduktion an kühlen zu können, weshalb die Hersteller meist Kühleinrichtungen als Zubehör anbieten. Das Kühlen von Anfang an, kann bei den inzwischen oft sommerlichen Herbsttemperaturen während der Lesesaison von Vorteil sein. Da Weinpressen zu den langlebigen Investitionsgütern in der Kellerwirtschaft gehören, bieten so gut wie alle Hersteller auch gebrauchte Traubenpressen an, die meist nach einer Grundüberholung einen günstigen Einstieg bieten.    

Dr. Hermann Pilz

Seit mehr als 20 Jahren leitet Dr. Hermann Pilz als Chefredakteur die Fachzeitschrift WEINWIRTSCHAFT und schreibt leidenschaftlich gerne über die verschiedensten Themen der Wein- und Spirituosen-Branche.