Schaumwein – ein Markt verändert sich

Weltweit boomt der Konsum schäumender Weine. Vom gesamten Weinabsatz entfallen global inzwischen rund zehn Prozent auf Schaumweine und ein Ende des Booms ist nicht abzusehen. In Zahlen erscheint die Bilanz noch beeindruckender. Bezogen auf den weltweiten Weinverbrauch von rund 25 Milliarden Litern steigerte sich der Absatz von Schaumwein in den letzten Jahren auf rund 2,5 Milliarden Liter oder umgerechnet in die üblichen Dreiviertelliterflaschen auf 3,33 Milliarden Einheiten. Rein rechnerisch nimmt damit jeder Mensch rund 0,4 Liter Schaumwein zu sich.
Während weltweit der Konsum von Schaumwein steigt, scheint er in Deutschland abzuflachen. Das ist auf den ersten Blick ungewöhnlich. Konnte sich Deutschland vor Jahren mit einem Konsum von über fünf Litern Schaumwein pro Kopf im Jahr als „Sektweltmeister“ rühmen und konzentrierte sich auch sonst der Hauptabsatz von Schaumwein auf die traditionellen Weinbauländer in der Mitte Europas, haben sich die Verhältnisse inzwischen grundlegend geändert. Die USA und Großbritannien, früher eher wein- und sektabstinent und mehr Bier- als Weinland, holten die letzten Jahre kräftig auf. Zudem stehen neue Konsumländer in den Startlöchern.
Zuwachs verzeichnen die Großen der Schaumweinbranche auf den aufstrebenden Konsummärkten in Asien. Vor allem in Ländern wie China, Japan oder Südkorea, aber auch in etlichen Regionen wie Afrika, Südamerika oder auch auf dem russischen Markt sind Sekte und Schaumweine auf dem Vormarsch. International legte der Markt die letzten Jahre immer um ein paar Prozentpunkte zu. Vor allem weibliche Kundschaft aus dem aufstrebenden Mittelstand in den asiatischen Ländern, aber auch in den Regionen Nord- und Südamerikas, Afrikas bis hin zu Ozeanien und Australien sind für Zuwächse und ein anhaltendes Wachstum verantwortlich. So erklären Konsumforscher der Branche den Trend zum Schaumwein.
Schaumwein auf dem deutschen Markt
Etwas differenziert muss man die Entwicklung auf dem deutschen Markt betrachten. 2018 büßte der Schaumweinabsatz rund 4,5 Prozent an Absatz ein. Dies geht aus der aktuellen Trinkweinbilanz hervor, die der deutsche Weinbauverband auf Basis von Daten des Statistischen Bundesamtes Ende Januar 2019 veröffentlichte. Doch was auf den ersten Blick bedenklich erscheint, erweist sich bei näherem Hinsehen als weitaus weniger dramatisch – zumindest aus Sicht der großen Sekt-, Schaum- und Perlweinproduzenten. Weniger Absatz an Schaumwein bedeutet in Deutschland nicht automatisch ein Verzicht auf prickelnde Produkte. Der Konsument ist flexibler geworden und die Industrie greift die Trends auf.
Sekt, Perlwein, Frizzante: Was Schaumweine unterscheidet
Der Begriff Schaumwein muss heute viel weiter gefasst werden und reicht vom traditionellen Sekt, der per Definition im Weinrecht als Qualitätsschaumwein verankert ist bis zu Perlweinen, Frizzante und allen Arten von Secco-Produkten oder alkoholfreien „Sparklings“ und frucht- und weinhaltigen Cocktails.
Dahinter stecken im Fall der „Seccos“ eine Fülle neuer Produkte aus in- und ausländischen Grundweinen, Fruchtsäften oder Aromakonzentraten, die mit fremder oder weineigener Kohlensäure versetzt werden und so dem Getränk zum Prickeln verhelfen. Bei den hochwertigen Produkten wird die bei der Mostvergärung entstehende Kohlensäure aufgefangen, in Drucktanks gespeichert und bei der Abfüllung den Seccos wieder zugesetzt. Rechtlich gesehen handelt es sich bei den Top-Produkten der „Secco-Range“ meist um „Perlweine“, denen die eigene Kohlensäure das Prickeln beschert im Gegensatz zu „Perlweinen mit zugesetzter Kohlensäure“, die auch als solche in der Etikettierung gekennzeichnet sein müssen. Zulässig und erforderlich ist bei den Perlweinen ein Kohlensäuredruck zwischen 1 und 2,5 bar, den die meisten Hersteller meist knapp unterhalb der Maximalgrenze von 2,5 bar ansiedeln. Damit schäumen die Seccos und Perlweine kräftig und für viele Konsumenten bestehen inzwischen keine großen Unterschiede mehr zu Schaumweinen und Sekten.
Kategorisierung der deutschen Branche für Schaumwein
Entsprechend neu definiert die deutsche Schaumweinbranche selbst ihren Markt und teilt ihn in verschiedene Kategorien ein. Die erste Gruppe umfasst „Sekt und Champagner“, dabei handelt es sich um die klassischen Schaumweinkategorien. Die zweite Kategorie,„sonstige Schaumweine“ meint etwa die fruchtzuckersüßen Asti Spumante, Moscato d’Asti oder die ebenfalls meist süß gehaltenen Lambruscos. Unter die dritte Rubrik fallen „weinhaltige Cocktails“ und alle Arten von „Seccos“ und „Sparklings“. Die Konsumenten sind experimentierfreudiger geworden und greifen die neuen prickelnden Schaumweinvarianten auf unkomplizierte Weise auf.
2017 summierte sich die gesamte Schaumweinkategorie laut Handelspanel des Marktforschungsunternehmens Information Resources im deutschen Lebensmittelhandel inklusive der Discounter auf insgesamt 484 Millionen Flaschen. Davon entfielen rund 319 Millionen Flaschen auf Qualitätsschaumweine und 165 Millionen Flaschen auf die Kategorie andere Schaumweine. Zur letzten Kategorie rechnen die Marktforscher auch die prickelnden weinhaltigen Cocktails, Seccos und sonstigen schäumenden Getränke.
Alkoholfreie Getränke im Aufwärtstrend
Einen steilen Aufwärtstrend, was Absatz und Konsum betrifft, zeigen in dieser Kategorie der Schaumweine auch die alkoholfreien prickelnden Getränke, die aus entalkoholisierten Weinen hergestellt werden. Alle großen Hersteller, wie die Sektkellerei Schloss Wachenheim mit ihren Light-Live-Produkten, Rotkäppchen-Mumm mit Rotkäppchen alkoholfrei oder Henkell-Freixenet mit beispielsweise Söhnlein Brillant alkoholfrei, bieten hier eine große Auswahl. „Schenk Deinem Tag ein Prickeln“, lautet die sinnige Werbebotschaft von Henkell für derlei Produkte. Großer Player in diesem Geschäft ist auch das Trierer Unternehmen Herres, das mit der Marke „Keller Geister“ den Marktführer im Perlweingeschäft anbietet und eines der bekanntesten Perlwein-Produkte überhaupt produziert, das allerdings etwas tradiert erscheint. Daneben ist Herres Spezialist für alle Arten von Trendgetränken bis hin zu Bio- und Energydrinks. Die Begriffe „schäumend“ oder „prickelnd“ finden sich dann weniger auf den Flaschen, dafür meist der englische Begriff „Sparkling“ für perlend oder das beliebte Wörtchen „secco“.
Schaumweine: Rechtliche Rahmenbedingungen
Dem Verbraucher scheint die Vielfalt zu gefallen und er versteht die Botschaft, zumal die Etikettierung und das Design der Flaschen meist stark am Sekt und Schaumwein angelehnt ist, sich aber den rechtlichen Vorschriften zufolge genügend davon unterscheidet. Während sich Schaumweine bezeichnungs- und herstellungsrechtlich in einem engen Korsett bewegen müssen und die Herkunft des verwendeten Weines, Jahrgang, Rebsorte und Geschmack die wesentlichen Stellschrauben der Produktdifferenzierung sind, erlauben die Kategorien Perlweine, Fruchtperlweine, Seccos und weinhaltige Cocktails einen viel größeren Spielraum. Die Palette der Geschmacks- und Fruchtvarianten reichen von Erdbeere, Himbeere, Pfirsich über Mango, Mimosa und allen andern Fruchtaromen bis zu den Klassikern Hugo weiß und rosé oder Sprizz. Nichts was in der Welt an frucht- und prickelnden Produkten denkbar ist, lassen die Produzenten aus und befüllen die Regale der Lebensmittelhändler. Die rechtlichen Rahmenbedingungen erlauben zudem alternative Verpackungen wie Dosen, Aluminium- oder Kleinflaschen.