Klimawandel zwingt zu intelligenter Bewässerung im Weinbau
Wasser spielt für alle Lebensvorgänge eine entscheidende Rolle. Ohne Wasser kein Leben. Wasser ist auch für die Getränkeindustrie und in der Weinerzeugung ein elementarer Faktor – die Bewässerung im Weinbau ist wichtiger denn je.
In kürzester Zeit erlebt die Menschheit im Zuge des Klimawandels weltweit dramatische Veränderungen ihrer Umwelt. Sauberes Wasser war schon immer wertvoll und ist mehr denn je ein kostbares Gut. Aufkommen, Niederschlagsmengen, Verfügbarkeit, Speichermöglichkeiten, Schutz natürlicher Vorkommen, Qualität und der sparsame Umgang mit Wasser werden in allen Ländern der Erde zu existenziellen Fragen. Das hat Auswirkungen auf die Getränkeindustrie und deshalb gewinnt auch nachhaltiges Wassermanagement im Weinbau zunehmend an Bedeutung: Eine intelligente Bewässerung ist essentiell.
Essentiell: nachhaltige Bewässerung im Weinbau
Der Weinbau hat in allen Weinregionen der Welt mit den Folgen des Klimawandels und einer vollkommen veränderten Verfügbarkeit von Wasser zu kämpfen. Schon heute macht sich der Wassermangel in sinkenden Erträgen und oft höheren Wasserkosten bemerkbar. Dies wirkt sich vor allem auf den Weinbau aus, der aufgrund der phyto-sanitär besseren Bedingungen und des geringeren Pflanzenschutzaufwandes in ariden und semiariden Wüstengebieten betrieben wird. Dazu zählen Weinregionen in Überseeländern wie Kalifornien, Chile, Argentinien, Australien und Südafrika, aber auch in europäischen Ländern wie Spanien, Italien, Portugal und Frankreich bis hin zu den trockenen Alpentälern des Wallis in der Schweiz oder den trockenen Hügeln mit wenig Niederschlag im rheinhessischen Hügelland in Rheinland-Pfalz.
Die trockenen, heißen Sommer der letzten Dekade haben auch in den deutschen Weinbaugebieten gezeigt, dass selbst in einem eigentlich wasserreichen Land wie Deutschland mit vergleichsweise üppigen Niederschlägen von durchschnittlich 750 Millimeter Niederschlag pro Jahr, Wasser in Dürreperioden zu Trockenstress bei Reben führen kann. Der sparsame Umgang mit der natürlichen Ressource Wasser ist nur ein Aspekt. Eine intelligente Bewässerung im Weinbau dient als weitere Lösung.
Reben können tief wurzeln und sind deshalb wahre „Überlebenskünstler“: selbst aus fünf, zehn oder mehr Metern Bodentiefe können sie Wasser anzapfen. Ein allmählich sinkender Grundwasserspiegel führt jedoch vor allem an trockenen Standorten zu Wachstumsdepressionen. In vielen Steillagen wäre heute in Deutschland ohne künstliche Bewässerung kein Weinbau mehr möglich. Bewässerungssysteme wie die Tröpfchenbewässerung, die in Überseeländern bereits zum Standard des Rebenanbaus gehören, sind auch in Deutschland in vielen Regionen zwingend notwendig.
Tröpfchenbewässerung: so funktioniert Bewässerung im Weinbau
Bei der Tröpfchenbewässerung werden die meist an Drahtrahmen gezogenen Reben mit Tropfleitungen sparsam mit Wasser versorgt. Auf diese Weise kann Wasser punktuell und nur bei Bedarf zugeführt werden, beispielsweise wenn die Reben aufgrund fehlender Niederschläge unter Trockenstress leiden oder in der Entwicklungsphase einen höheren Wasserbedarf besitzen. Die Temperaturen in steilen Hanglagen können an heißen Sommertagen mehr als 45 Grad Celsius erreichen – entsprechend hoch ist der Bedarf der Reben ihre Blätter durch Verdunstung vor Überhitzung zu schützen. Vor allem in den beiden Hauptwachstumsphasen verlangen die Reben nach ausreichend Wasser: beim Austrieb der Blüte und dem allmählichen Beerenwachstum.
Intelligente Bewässerungssysteme, die das Wasser zur Verfügung stellen, wenn es benötigt wird, und beispielsweise den osmotischen Druck und die Wasserverdunstung in den Blättern als Parameter verwenden, können helfen, um Wasser effizient und nachhaltig zu nutzen. Weltweit wird über Wassermanagementsysteme geforscht, die auch die Anlage von Speicherbecken, Kanälen und wassersparender Bepflanzung berücksichtigen. Denn jede Pflanze benötigt unterschiedlich viel Wasser: Während Pflanzenarten wie Eukalyptusbäume extrem viel Wasser zehren, können andere Bepflanzungen in semiariden Weinregionen dagegen als Beschattung genutzt werden und effektiv den Wassereinsatz reduzieren.
Zu verfügbarem Wasser zählt das Oberflächenwasser in Flüssen, Seen sowie das Niederschlagswasser in Sammelspeichern und das vorhandene Grundwasser. Deutschland gilt als wasserreiches Land und ist in der glücklichen Lage, dass derzeit nur rund 15 Prozent des verfügbaren Wassers für Kraftwerke, Industrie und Landwirtschaft genutzt werden. Die öffentliche Trinkwasserversorgung benötigt laut Veröffentlichungen des Bundesumweltministeriums nur knapp 3 Prozent des verfügbaren Wasserangebots. Und dennoch mussten in vielen Regionen auch im Sommer 2020 etliche der rund 6.000 in Deutschland vorhandenen Wasserversorger zum sparsamen Umgang mit Wasser aufrufen.
Schadstoffe im Grundwasser erschweren Wasseraufbereitung
Nur etwa ein Viertel des dem natürlichen Wasserkreislauf fürs Trinkwasser entnommenen Rohwassers kann unmittelbar als Trinkwasser verwendet werden. Der Großteil erfordert eine unterschiedlich intensive Aufbereitung. Grundwasser enthält in Deutschland oftmals einen hohen Gehalt an Eisen und Mangan. In Weinbaubetrieben und Kellereien gehört Wasser in Form von aufbereitetem Trinkwasser schon aus hygienischen Gründen zum täglichen Gebrauch.
Die beiden Schadstoffe Phosphat und Nitrat sind vor allem in Wein-, Gemüse- und Obstbauregionen sowie Regionen mit intensiver Viehhaltung zu finden. Seit 1991 gilt für alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Nitrat-Richtlinie. Sie soll die Wasserqualität sichern, in dem Grund- und Oberflächenwasser keinen Nitrat-Verunreinigungen ausgesetzt werden. Insgesamt verzeichnet die Regelung seit Jahren positive Fortschritte.
Im Wasser aufgefundene Schadstoffe, Rückstände von Pflanzenschutzmitteln und zu hohe Nitratwerte haben in den letzten Jahren zunehmend Aufmerksamkeit erregt. Denn trotz üppigem Wasseraufkommen hat Deutschland mit Düngemittelrückständen wie Nitraten oder Phosphaten, aber auch mit Rückständen von Pflanzenschutzmitteln seit Jahrzehnten Probleme. Für die Trinkwasserversorger entstehen zur Beseitigung der hohen Rückstandswerte hohe Kosten von derzeit etwa 40 Cent pro Kubikmeter Wasser. Sparsamer Umgang mit Düngemitteln im Weinbau ist daher genauso essentiell wie der überlegte Einsatz von Pflanzenschutzmitteln.
Überwachungs- und Messtechniken, Steuersysteme für die Beregnung sowie Systeme zur Aufbereitung und Speicherung von Wasser sind in Zukunft auch im Weinbau unerlässlich. Informationen zu neuesten Technologien, Aufbereitungsanlagen zur „Enteisenung“ oder „Entmanganung“ sowie Belüftung und Filtration gibt es auf der drinktec, die vom 12. bis 16. September 2022 in München stattfindet.