Milchwirtschaft 2018: Spannende Marktspekulationen zum Jahresbeginn

Zwei Kühe stoßen ihr Köpfe in einem Kampf gegeneinander
© Cono Kaasmakers

Zu Beginn eines jeden Jahres steht die Frage nach den wirtschaftlichen Perspektiven oben an – so auch in der Milchwirtschaft. Wie werden sich die Erlöse für die wichtigsten Produktgruppen entwickeln? Und welche lukrativen Möglichkeiten gibt es in der Milchverarbeitung? Diese und viele andere Fragen stellen sich Milchwirte Jahr für Jahr weltweit.

Wie immer bleibt vieles Spekulationen überlassen, denn die berühmte Kristallkugel wurde zumindest für den Milchmarkt noch immer nicht gefunden. Das haben die Krisen auf dem Milchmarkt seit 2007 deutlich aufgezeigt. Klar ist, dass derzeit fast 358.000 Tonnen Magermilchpulver in der EU auf Lager sind – so viel wie seit den Neunzigerjahren nicht mehr. Diese enormen Mengen, die in der zurückliegenden Marktkrise 2015/2016 auf Halde genommen worden sind, hängen wie das berüchtigte Damoklesschwert über dem Milchmarkt. Tatsächlich ist die Produktmenge so groß, dass sie nicht nur den deutschen oder den europäischen, sondern sogar den weltweiten Milchmarkt in gehörige Schieflage bringen könnte, würde sie auf die Märkte losgelassen werden. Die EU-Kommission, die den Milchpulverberg verwaltet, dürfte sich ihrer Verantwortung wohl bewusst sein. Auch wenn Phil Hogan, EU-Kommissar für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, wiederholt erklärt hat, dass er keine Lust dazu hat, den weltgrößten Händler für Magermilchpulver zu mimen. Es ist nicht damit zu rechnen, dass Brüssel das Pulver schlagartig freisetzen wird. Nur ist auch davon auszugehen, dass die Ware irgendwann, bevor sie schlecht wird, auf den Markt kommen wird. Wie dies bewerkstelligt werden kann, ist im Moment völlig offen.

Butterpreise stürzen ab

Eine andere Gefahr für die Erlöse ist bereits real geworden: Die Butterpreise sind nach einem kurzfristig unerhörten Höhenflug im letzten Jahr auf rasante Talfahrt gegangen. Diese Entwicklung ist so brisant, dass die ersten Molkereien ihre Auszahlung an die milcherzeugenden Landwirte zum Jahresbeginn um circa zehn Prozent kürzen mussten. Wie lange der Abwärtskurs weitergeht, ist offen.

Milchwirtschaft: Verbesserungen mit Hochdruck

Trotz der allgemeinen Konjunkturschwierigkeiten in der Milchwirtschaft bleibt es spannend, was dieses Jahr so mit sich bringt. Vor allem auch, weil viele Molkereien noch weiteren Herausforderungen gegenüberstehen: Im Radar der Verbraucher kommt der Begriff „Tierwohl“ immer häufiger über den Horizont. Die Milcherzeuger und -verarbeiter haben dies längst erkannt und arbeiten mit Hochdruck an Verbesserungen, wie z.B. mehr Weidegang oder weniger Anbindehaltung.

Tatsächlich wurde auch schon viel erreicht. Es besteht aber weiterhin die Gefahr, dass der Politik das momentane Veränderungstempo nicht ausreicht und zu viel auf einmal eingefordert wird. Dass einzelne Molkereien ihren Landwirten bereits den Einsatz von Glyphosat im Vorgriff auf mögliche gesetzliche Regelungen verboten haben, spricht Bände. Während die Bauern dies wohl noch relativ einfach umsetzen können – allerdings nicht ohne wirtschaftliche Verluste –, dürfte ein Aus für die Anbindehaltung nicht so schnell und leicht umsetzbar sein.

2018 verspricht auf jeden Fall eines ganz sicher: Es wird ein aufregendes Jahr für die Milchwirtschaft.

Roland Sossna

Der gelernte Molkereifachmann, Agraringenieur und freie Fachjournalist Roland Sossna gestaltet unter anderem die Redaktion der Fachtitel molkerei-industrie und IDM International Dairy Magazine. Regelmäßig stellt er herausragende Innovationen aus der Molkerei-Branche auf dem Blog vor.