Sudhäuser: Weltweiter Innovationsschub

Sudhäuser: Weltweiter Innovationsschub
©Pixabay, User: Free-Photos

Hersteller von Brauanlagen und -systemen müssen zunehmend auf die individuellen Wünsche neuer Zielgruppen reagieren. Dabei geht es nicht immer um die Größe der Sudhäuser: Auch mit kleinen, aber hochmodernen Sudhäusern erschließen sich die Krones AG, Rolec & Co. gerade weltweit neue Märkte.

Wenn es um das Thema moderne Sudhäuser geht, dann haben deutsche Anbieter traditionell die Nase vorn. Jeder Brauer kennt die Namen führender Hersteller wie die der Krones AG, Ziemann Holvrieka GmbH, GEA Brausysteme Group oder Rolec – Prozesse und Brautechnik GmbH, die ihre innovativen Systeme rund um den Globus installiert haben. Die wichtigsten Faktoren ihres Geschäftes sind heute Begriffe wie Prozessoptimierung, Energieeffizienz, Digitalisierung, Flexibilität und Nachhaltigkeit.

Pionier für moderne Sudhäuser

Eines der hierzulande wohl modernsten Sudhäuser wurde in diesem Jahr in der Schlossbrauerei Reckendorf in Franken eingerichtet. Die Ziemann Holvrieka GmbH in Ludwigsburg, die seit 165 Jahren individuelle Lösungen bei der Entwicklung, Herstellung und Installation von Edelstahlbehältern für die Getränkeindustrie bietet, hat ein spezielles Verfahren zur Maischefiltration entwickelt, das einen gänzlich neuen Prozess der Würze-Gewinnung vorlegt. „Omnium by Ziemann“, so der Produktname, feierte schon auf der vergangenen drinktec Weltpremiere und wurde erst vor wenigen Monaten in Reckendorf eingeweiht. Innovativer Kernpunkt des Omnium-Sudhauses ist das System namens „Nessie by Ziemann“ zur Maischefiltration, das durch neuartige Separations- und Extraktionsverfahren den Läuterprozess nachhaltig verändert und verkürzte Prozesszeiten, gesteigerte Rohstoffausbeuten und reduzierte Produktionskosten verspricht.

Durch vier rotierende und in Reihe geschaltete Drehscheibenfilter bietet das System die Separation von Treber und Würze, Extraktion im Gegenstromverfahren und dynamische Waschung der Feststoffe und deren Abtrennung. „Die Entscheidung für das Omnium-Sudhaus basiert im Wesentlichen auf der viel größeren Flexibilität“, erklärt Reckendorfer Braumeister Dominik Eichhorn. Außerdem könne er bei den einzelnen Prozessschritten so eingreifen, dass sich mit Blick auf die Ausbeuten sowie auf wertgebende Inhaltsstoffe das beste Ergebnis herausholen lässt.

Dass sich das Team von Ziemann Holvrieka gerne innovativen Herausforderungen stellt, um bessere Lösungen für seine Kunde zu erzielen, beweist auch das Großprojekt „Piedras Negras 2.75“ der mexikanischen Brauerei „Compañía Cervecera de Coahuila“. Der Betrieb wurde auf eine Gesamtkapazität von 27,5 Millionen Hektoliter erweitert und zählt heute zu den größten und modernsten Braustätten der Welt.

Größe und Nachhaltigkeit – das geht

Ein weiteres Beispiel für erfolgreiche Sudhäuser ist die neue Braustätte St. James’s Gate von Guinness in Dublin. Dort stehen inzwischen Kessel mit einer Sudgröße von bis zu 1.000 Hektolitern. Beim Bau stand vor allem Nachhaltigkeit an erster Stelle. Verantwortlich für hohe Energieeinsparungen von bis zu 45 Prozent Dampf, 33 Prozent Strom und 35 Prozent Wasserverbrauch im Brauprozess ist das „Steinecker EquiTherm“ der Krones AG, einer der Markführer bei Anlagen für Abfüllung und Verpackung von Getränken. Mit einer Kapazität von mehr als acht Millionen Hektolitern gilt St. James Gate inzwischen als die größte Stout-Brauerei der Welt. Die Krones AG lieferte dazu drei Sudlinien, unter anderem mit dem größten Läuterbottich Europas im Sudhaus Nr. 4.

Auf das gleiche System der Krones AG setzt die österreichische Brauerei Murauer, die bis zum Umbau auf „EquiTherm“ rund 700.000 Liter Heizöl im Jahr verbrauchte. Jetzt liegt der Verbrauch bei nahezu null. Möglich machte das die Umstellung auf Niedertemperatur-Prozesswärme in Form von Heißwasser, das aus einem holzbeheizten Biomasse-Heizkraftwerk der Stadtwerke Murau kommt in Verbindung mit dem Einsatz des Krones-Systems. Dabei wird die benötigte Energie für das Maischen vom Würzekühl-Prozess bereitgestellt.

Weltweite Prozesse abbilden

Die Krones AG eröffnete in diesem Jahr in Attaching bei Freising außerdem eine der wohl modernsten Versuchs- und Forschungsbrauereien der Welt. Das „Brew Center“ im Steinecker-Werk glänzt mit neuestem Equipment und modernster Verfahrenstechnik. Mit der 5-Hektoliter-Anlage, die als 5-Geräte-Sudwerk funktioniert, kann das Krones-Team jetzt jeden Prozess der Bierproduktion nachstellen, der irgendwo auf der Welt läuft. Somit sind Optimierungen in fast allen Bereichen für namhafte Kunden in Afrika, Argentinien oder auf den Philippinen möglich. Gezeigt werden dort beispielsweise verschiedenen Oberflächen bei Anlagen, die entweder sandgestrahlt, geschliffen oder industrieisoliert sind. Außerdem kann der Kunde im Echtzeit-Betrieb innovative Heizkonzepte mit Hochdruck-Heißwasser sowie alle Gefäße lokalisieren. „Für uns ist das eine wichtige Innovation, zumal wir in den vergangenen Jahren erkennen mussten, dass sich die Kundenstruktur stark verändert hat“, sagt Betriebsleiter und Braumeister Johannes Eymess. „Es kommen immer mehr Brauer zu uns, die mit kleineren Anlagen arbeiten wollen.“

Einfluss der Craft Beer Bewegung

Inzwischen reagieren die Anlagenhersteller verstärkt auch auf die internationale Craft Beer Bewegung. Denn immer mehr Kreativbrauer brauchen nicht nur kleinere Sudhäuser. Auf den Trend sprangen inzwischen sowohl die Braukon GmbH, die Kaspar Schulz Brauereimaschinenfabrik & Apparatebauanstalt GmbH und auch die GEA Group aus Düsseldorf auf. Das international tätige Technologieunternehmen aus der NRW-Landeshauptstadt konzentriert sich auf Prozesstechnik und Komponenten für neue Produktionsverfahren. Zusätzlich zu der „Compact-Star“-Sudhausserie für mittelständische Betriebe, bieten die Rheinländer jetzt auch ein neues Sudhaus für handwerkliche Spezialbrauereien mit dem Namen „Craft-Star“ an. Das sei nach eigenen Aussagen das perfekte Tool für Bierbrauer, die 40 Hektoliter Würze in jeglicher Ausführung herstellen möchten.

Integrierte Systeme überwachen bei „Craft-Star“ den Differenzialdruck, bieten vollständige Steuerung des Läuterprozesses und das automatische „Gearboxx“-System soll eine wiederholbare Chargenproduktion, Prozessanzeige und Fernunterstützung gewährleisten. Das GEA-Verfahren bringt – nach Herstellerangaben – bis zu 98 Prozent Extrakt-Ausbeute im Läuterbottich. Erfolgreich läuft das System auch bereits in der Brouwerij Anders im belgischen Halen.

Individuelle, schlüsselfertige Systeme

Auf die internationale Craft-Szene konzentriert sich auch die Rolec – Prozesse und Brautechnik GmbH in Chieming. Vielen erfolgreichen Brauereien wie etwa Brewdog aus Schottland, Meantime Brewing Company aus London, Lion Brauerei im australischen Adelaide oder aber der Brooklyn Brewing Company aus New York lieferte das Unternehmen bereits individuelle, schlüsselfertige Systeme für den gesamten Produktionsprozess. Eines der jüngsten Projekte steht gerade im oberbayerischen Waakirchen an der Startrampe. Die Brauerei von Markus Hoppe, Chef des gleichnamigen Hoppebräu und einer der hiesigen Craft-Entrepreneure, wurde speziell von Rolec entwickelt und schon auf der vergangenen drinktec ausgestellt.

Das Besondere an Hoppes modernem Sudhaus mit 20 Hektolitern Ausschlagwürze ist ein dezentrales Rührwerk, dass die Maische schneller als ein herkömmliches Werk zu einer 100-prozentigen homogenen Masse macht. Dieses verhindert Klumpenbildung, ganz ohne Sauerstoffeintrag. Durch einen Würzekocher ist der Braumeister nicht vom Würzespiegel in der Pfanne abhängig und kann auch nur Vorderwürze über einen Außenkocher kochen. Hinzu kommt ein höhenverstellbares Hackwerk, ein größerer Läuterbottich für Spezialbiere, ein größerer Whirlpool für hopfige Biere und ein „Dryhopnik“-System, das den Prozess des Hopfenstopfen beschleunigt und einen höheren Aromaertrag hervorruft. Eine äußere Hopfenstopfleitung sorgt dafür, dass der gesamte Tank durchgemischt und ein homogenes Bier mit hoher Geschmacksstabilität erzielt wird. Hoppe setzt nicht nur auf hohe Qualität, sondern auch auf Dokumentation nach dem Modell „Industrie 4.0“. Das Steuerungssystem „BrewMax“ zeigt ihm alle wichtigen Daten auf einen Blick. „Ich finde es extrem wichtig, dass Anlagenhersteller jetzt auch auf die Wünsche kleinerer Brauer eingehen“, sagt Markus Hoppe, „Für mich zählen dabei Technologie und Innovation als die wichtigsten Faktoren.“

Mareike Hasenbeck

Mareike Hasenbeck ist freie Journalistin, Craft-Bier-Bloggerin von Feiner Hopfen sowie Biersommelière und international DLG geprüfte Sachverständige für Bier-Sensorik.