Produktionsfördermittel für klimaneutrales Bier sichern
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Über die Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft können Brauereien auf dem Weg zu klimaneutralem Bier gefördert werden. Was braucht es dazu?
Der Weg zur Klimaneutralität wird auch in der Bierproduktion mit der Förderung von klimaneutralem Bier weiter verfolgt. Der Hintergrund: Der Ausstoß von Treibhausgasen soll in Deutschland bis 2030 um 65 Prozent sinken – bezogen auf das Jahr 1990. Spätestens 2045 soll Deutschland dann klimaneutral sein. Dazu müssen alle an einem Strang ziehen. Und der Druck zur Umsetzung dieser Ziele steigt, nicht zuletzt durch zwei geplante Klimaschutzpakete der Bundesregierung bis Sommer 2022. Bereits energiebewusste Unternehmen müssen klimaneutral werden. Auch in der Bierproduktion können Sie dabei von Energie-Förderprogrammen profitieren.
Foto: © QUMsult GmbH & Co. KG, Freiburg Foto: © QUMsult GmbH & Co. KG, Freiburg
Die Autoren: Dipl.-Biol. Bettina Huck & Dr. Thomas Wacker
Klimaneutralität bedeutet dabei, dass durch einen Prozess oder eine Tätigkeit das Klima nicht beeinflusst wird, und bezieht sich auf die Gesamtheit der Treibhausgase wie CO2, Methan oder z.B. Fluorkohlenwasserstoffe. Das bedeutet, es werden entweder keine Treibhausgase in die Atmosphäre abgegeben oder deren Emission wird vollständig kompensiert. CO2-Neutralität bezieht sich dagegen nur auf Kohlendioxid. Die beiden Begriffe werden häufig synonym benutzt.
Internationale und nationale Vorschriften zur Klimaneutralität
Auf europäischer Ebene hat der Green Deal zum Ziel, erneuerbare Energie auszubauen, den Ausstoß von Treibhausgasen zu verringern und die Energieeffizienz zu steigern. Bis 2050 will die EU klimaneutral werden. Das europäische Klimagesetz soll in allen Mitgliedsstaaten gelten, und diese müssen geeignete Maßnahmen ergreifen. Die EU-Kommission überwacht die Fortschritte.
Mit der Änderung des deutschen Klimaschutzgesetzes vom August 2021 hat die Bundesregierung die Klimaschutzvorgaben für Deutschland verschärft: Bereits bis 2030 sollen die Emissionen um 65 Prozent gegenüber 1990 sinken, Treibhausgasneutralität soll bis 2045 erreicht werden. Darüber hinaus legen Bundesländer und Kommunen eigene Reduzierungsziele und Termine für die Klimaneutralität fest, die auch den Corporate Carbon Footprint von deutschen Unternehmen beeinflussen.
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Die Bundesregierung hat die gesetzlichen Vorgaben für einen Systemwandel hin zur Klimaneutralität geschaffen.
Energieintensive Bierproduktion
Die CO2-Bilanz von Bier ist bisher eher ernüchternd. Denn die Bierproduktion zählt zu den energieintensiven Branchen der Lebensmittelindustrie, sie verbrauchen in Deutschland ca. 4 TWh pro Jahr. Der Energiebedarf verteilt sich zu ca. 75 Prozent auf Wärme und ca. 25 Prozent auf elektrische Energie. Die Energiekosten liegen bei etwa fünf bis zehn Prozent der Gesamtkosten in der Bierproduktion.
Der individuelle Energieverbrauch einer Brauerei hängt im Wesentlichen von der Betriebsgröße ab. Weitere Faktoren sind Ausstoß, technische Ausstattung, Produktionsprogramm oder geographische Lage. Aktuell nutzen viele Brauereien Wärme aus fossilen Brennstoffen und elektrische Energie ihres Energieversorgers. Erneuerbare Energien werden dagegen bisher nur in geringem Umfang eingesetzt [1].
Weiterführende Informationen:
Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft, 5 Module:
https://www.bafa.de/DE/Energie/Energieeffizienz/Energieeffizienz_und_Prozesswaerme/energieeffizienz_und_prozesswaerme_node.html
Transformationskonzepte (Modul 5):
Planung und Umsetzung der eigenen Transformation zur Klimaneutralität:
https://www.deutschland-machts-effizient.de/KAENEF/Redaktion/DE/Foerderprogramme/energieeffizienz-in-der-wirtschaft-transformationskonzepte.html
VDI Zentrum Ressourceneffizienz:
https://www.ressource-deutschland.de/
Das Integrierte Energie- und Klimaprogramm (IEKP) der Bundesregierung legte bereits 2007 u. a. folgende Ziele für Brauereien auf dem Weg zu klimaneutralem Bier fest:
- erleichterte Biogas-Einspeisung ins Erdgasnetz und verstärkter Einsatz in der Kraft-Wärme-Kopplung;
- mehr Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) einsetzen;
- intelligente Messverfahren für Stromverbrauch: Verbrauch ermitteln, Systemoptimierung ermöglichen, Störungen und Leckagen erkennen und beseitigen;
- Anteil erneuerbarer Energien erhöhen (s. Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz);
- Energiemanagementsystem und betriebliches Umweltmanagement einführen.
Was können Unternehmen für ihren Corporate Carbon Footprint tun?
Energie- und Ressourceneffizienz ist ein Wettbewerbsvorteil. Unternehmen, die energiebewusst wirtschaften, sind besser gerüstet, wenn zukünftig neue Forderungen an sie gestellt werden, z. B. Standards für Energieeffizienz, Handelssysteme für Emissionen sowie Auflagen für Mittel aus Energie-Förderprogrammen.
Der Weg zur Klimaneutralität führt von Vermeiden über Reduzieren zum Kompensieren bzw. Neutralisieren als Strategie für den unvermeidbaren Rest an Emissionen. Eine systematische Vorgehensweise erleichtert den Wandel: Ein Transformationskonzept wird laut Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) nur dann gefördert, wenn es mindestens folgende Inhalte aufweist:
- Darstellung des IST-Zustands der THG-Emissionen bzw. der THG-Bilanz innerhalb der gewählten Bilanzgrenzen;
- Formulierung eines THG-Neutralitätsziels bis spätestens 2045;
- ein längerfristiges (mind. 10 Jahre nach Antragstellung) und konkretes THG-Ziel (SOLL-Zustand) für die betrachteten Standorte;
- Maßnahmenplan für die Zielerreichung bzw. die Transformation;
- Einsparkonzept(e) für mindestens ein Vorhaben des EEW-Förderprogramms (EEW siehe „Mögliche Fördermittel“);
- Verankerung des Transformationskonzeptes in der Unternehmensstruktur.
Corporate Carbon Footprint und CO2-Bilanz von Bier
Eine THG- bzw. CO2-Bilanz ist also die Grundlage, um Strategien für die weitere Vorgehensweise festzulegen. Während direkte Emissionen (Scope 1) und indirekte Emissionen, z. B. aus bezogenem Strom, Dampf, Heizung, Kühlung (Scope 2), recht genau ermittelt werden können, ist es sehr aufwändig, die indirekten THG-Emissionen zu erfassen, die aus vor- und/oder nachgelagerten Prozessen entstehen (Scope 3). Dazu zählen z. B. THG-Emissionen aus der Anlieferung von Rohstoffen oder der weiteren Verarbeitung verkaufter Güter.
Einige Brauereien bewerben bereits ihr klimaneutrales Bier oder Unternehmen. Manche setzen sich selbst ein Ziel, bis wann sie klimaneutral brauen wollen: Der sogenannte Corporate Carbon Footprint (CCF) umfasst dabei die direkten und indirekten THG-Emissionen, die durch die Tätigkeit des Unternehmens freigesetzt werden. Der Product Carbon Footprint (PCF) ermöglicht dagegen die Bewertung der Klimabilanz eines Produktes.
Ein kostenloses Werkzeug ist z. B. das ecocockpit der Effizienz-Agentur NRW: Mit der webbasierten Anwendung können Verantwortliche in wenigen Schritten die CO2-Bilanz ihres Unternehmens (CCF) oder ihrer Produkte (PCF) erstellen. CO2-Treiber können identifiziert und Maßnahmen zur Reduzierung abgeleitet werden.
Managementsysteme für Energie, Umwelt und Klima
Betriebliches Umweltmanagement zielt darauf ab, Emissionen zu erfassen, zu vermeiden und relevante Emissionsquellen am Standort und aus vor- und nachgelagerten Aktivitäten entlang der Wertschöpfungskette zu reduzieren. Eine Norm für ein Klimamanagementsystem gibt es bisher nicht. Ein internationaler Standard ISO 14068 „Treibhausgasmanagement und damit verbundene Aktivitäten – Kohlenstoffneutralität“ soll künftig klare Begriffsdefinitionen und Parameter für CO2-Neutralität liefern, Inhalte aus der Spezifikation PAS 2060 sollen übertragen werden.
Derzeit liefern – neben der ISO 14064er-Reihe – PAS 2060 und Greenhouse Gas Protocol nützliche Anleitungen für die Bestimmung und Berichterstattung bezüglich Treibhausgasen. Die ISO 14067 legt Anforderungen und Leitlinien für den CO2-Fußabdruck von Produkten fest.
Unternehmen, die bereits ein Energiemanagementsystem (EnMS) nach ISO 50001 oder ein betriebliches Umweltmanagementsystem nach ISO 14001 oder EMAS unterhalten, haben es leichter. Bereits bestehende Organisations-, Kommunikations- und Kontrollstrukturen schaffen Synergien.
Auch für Nachhaltigkeitsberichte im Rahmen der Beteiligung am DNK (Deutscher Nachhaltigkeitskodex) wird die Analyse der CO2-Bilanz gefordert.
![CO2 Fußabdruck](https://drinktec-blog.b-rex.de/http://drinktec-blog.b-rex.de/wp-content/uploads/2022/04/Fussabdruck.jpg)
Corporate Carbon Footprint (CCF), die direkten und indirekten Treibhausgas-Emissionen eines Unternehmens, und Product Carbon Footprint (PCF), die Klimabilanz eines Produktes, lassen sich kostenfrei in webbasierter Anwendung ermitteln
Klimaneutrales Bier: Energieefizienz in der Bierproduktion
In der Bierproduktion wird vor allem für Wärme, Kälte, Antriebe, Druckluft und CO2-Erzeugung Energie benötigt. Energie- und Ressourceneffizienz für eine bessere CO2-Bilanz des Bieres sollten bereits bei der Planung berücksichtigt werden.
Viele Betriebe setzen wirksame Maßnahmen für mehr Energieeffizienz um, dazu gehören z. B.:
- Abwärme rückgewinnen und speichern;
- Aufheiz- und Abkühlrate optimieren;
- Umstellung von Dampf- auf Heißwasserverteilung;
- Dämmen von Anlagen(-teilen) und Räumen mit hohen oder tiefen Temperaturniveaus (Eiswasser-, Heißwasser- und Dampfleitungen);
- regelmäßige Kontrolle des Druckluftnetzes auf Leckagen;
- innovative Kühlsysteme und KWK-Anlagen;
- Ersatz von Kohlebrennern;
- Solarthermie und Photovoltaik.
Beim Einsatz von Biogas aus Produktionsabfällen in Verbindung mit einem Blockheizkraftwerk (BHKW) mit Absorptionswärmekühler kann auf fossile Energieträger verzichtet und die Energiekosten können gesenkt werden.
Mögliche Fördermittel und Energie-Förderprogramme
Mit dem Programm „Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft“ (EEW) werden Unternehmen aller Branchen gefördert. Fünf Module sind Bestandteil des Energie-Förderprogramms:
- Querschnittstechnologien: Investive Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz;
- Prozesswärme aus Erneuerbaren Energien: Ersatz oder Neuanschaffung von Anlagen zur Bereitstellung von Wärme aus Solarkollektoranlagen, Wärmepumpen oder Biomasse-Anlagen;
- MSR, Sensorik und Energiemanagement-Software: Soft- und Hardware im Zusammenhang mit der Einrichtung oder Anwendung eines Energie- oder Umweltmanagementsystems;
- Energie- und ressourcenbezogene Optimierung von Anlagen und Prozessen;
- Transformationskonzepte: Transformation hin zur Treibhausgasneutralität.
Die Fördersumme für Modul 5 (Transformationskonzepte) beträgt maximal 80 000 Euro. Dabei werden für kleine und mittlere Unternehmen 60 Prozent (sonst: 50 Prozent) der Kosten übernommen für:
- die Erstellung und Zertifizierung einer CO2-Bilanz für einen oder mehrere Standorte eines Unternehmens oder einer Gruppe von Unternehmen oder Unternehmensstandorten (Konvoi) – Bedingung: alle Standorte liegen in Deutschland;
- für Energieberater und andere Beratungskosten im Zusammenhang mit der Erstellung des Transformationskonzepts inklusive der Einführung von Umsetzungsprozessen (Klimaschutzmanagement);
- für eine unternehmensübergreifende Beratung (z. B. bei Unternehmen in einer Lieferkette, die im Rahmen eines sogenannten gemeinsamen Konvoi-Verfahrens beraten werden);
- für erforderliche Messungen, Datenerhebungen und Datenbeschaffungen für die Erstellung des Transformationskonzepts.
Eigenleistungen oder Kosten für die Durchführung eines Energieaudits nach den §§ 8 ff. des Gesetzes über Energiedienstleistungen und andere Energieeffizienzmaßnahmen (EDL-G) sowie Beratungsleistungen, die bereits im Zusammenhang eines anderen Beratungsförderprogramms des Bundes gefördert werden, sind dagegen nicht förderfähig.
Auf dem Weg zu klimaneutralem Bier
Brauereien müssen den Wandel hin zur Produktion von klimaneutralem Bier gestalten und können dabei von Energie-Fördermitteln profitieren. Pioniere haben Vorteile im Wettbewerb: Kunden fordern Verantwortung für Umwelt- und Klimaschutz, Investitionen sollen nachhaltig sein.
Quelle
Schmid, S.; Hofmann, T.; Glas, K.: „Energie als Rohstoff einer Brauerei“, Der Weihenstephaner Nr. 4, 2019, S. 148–153; abrufbar über www.vew-brauer.de.
Sie möchten sich mit einem internationalen Fachpublikum über die Entwicklungen der Getränkeindustrie austauschen? Dann laden wir Sie herzlich ein, an der nächsten drinktec vom 12. bis 16. September 2022 in München teilzunehmen.
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