Brasilianische Biere: Jede Menge spannender Sude zu erleben

Viele neue Brauereien, ungewöhnliche Bierspezialitäten und jede Menge spannender Ideen: Brasilianische Biere und die Bierszene allgemein in Brasilien entwickeln sich mit reichlich Potential. Dabei orientieren sich brasilianische Brauer nicht nur an aktuellen US-Trends, sondern nehmen sich vor allem die deutsche Bierkultur zum Vorbild.

Dass in tropischen Ländern mehr getrunken wird als in gemäßigten Klimaregionen, dürfte bekannt sein. Aber dass Brasilien mehr zu bieten hat, als nur Caipirinha, Cachaça oder Batida de Coco, wissen wohl nur wenige. Seit rund zehn Jahren entwickelt sich in dem südamerikanischen Land ein regelrechter Bier-Boom. Das beweist auch der jährlich stattfindende „Brazilian Beer Contest“ in der Millionenstadt Blumenau, einst eine Gründung ausgewanderter Deutscher im Süden des Landes. Waren es vor sechs Jahren, als der Wettbewerb aus der Taufe gehoben wurde, noch 215 Einreichungen, bewertete eine 86-köpfige Jury aus 38 Ländern dieses Mal insgesamt 2.859 Biere von 475 Brauereien. Im Vergleich zum vergangenen Jahr stieg die Anzahl um mehr als 40 Prozent.

Bierszene in Brasilien: International auf Platz drei

Dass gut gekühltes brasilianisches Bier als Lifestyle-Getränk immer beliebter wird, zeigt auch der rasant steigende Verbrauch. Wenngleich der Pro-Kopf-Verbrauch noch nicht in der Spitzengruppe angekommen ist, so fließen nach aktuellen Zahlen pro Jahr immerhin rund 14 Milliarden Liter Gerstensaft durch durstige Kehlen. Mit dieser Zahl platziert sich das Samba-Land auf Platz drei der internationalen Biermärkte, gleich nach den USA und China. Außerdem wächst die Anzahl an Braustätten. Inzwischen gibt es fast 700 Brauereien – Tendenz steigend. Auch wenn 70 Prozent des Marktes in der Hand von Großbrauereien liegen, die fast alle zur American Beverage Company (AmBev) und somit zur weltweit größten Brauereigruppe Anheuser-Busch InBev (AB InBev) gehören, floriert gerade die Vielfalt bei kreativen Kleinbrauereien. Achtmal schneller ist in den vergangenen Jahren der Marktanteil von Craft-Bier gewachsen, als bei Suden aus den großen Braustätten. Experten gehen davon aus, dass der Anteil bis 2022 auf mindestens neun Prozent ansteigt.

Brasilianische Biere: Lange Tradition mit deutschem Ursprung

Dabei hat das Brauhandwerk in Brasilien eigentlich eine lange Tradition. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren es Einwanderer aus Deutschland, die das Bierbrauen im Süden des Landes etablierten. Kein Wunder also, dass auch heute noch einige Brauereien deutschsprachige Namen wie „Opa Bier“, „Baden Baden“, „Blauer Berg“, „Lohn Bier“, „Schornstein“, „Cervejaria Bamberg“ oder „Eisenbahn“ tragen. Brasilianische Brauer orientieren sich daher vor allem an der deutschen Bierkultur. So finden sich überwiegend Bierstile wie Pilsner, Weizenbier oder Lager im Angebot. Aber auch amerikanisch beeinflusste Sorten wie Pale Ale, India Pale Ale und Barley Wine sind hochbeliebt. Aktuell liegen insbesondere Sauerbiere im Trend, die in vielerlei Variationen als Trendsetter der internationalen Bierszene fungieren. Die Brasilianer entwickelten sogar ihren eigenen sauren Bierstil namens „Catharina Sour“. Dabei geht es von der Brauart eigentlich um eine Form der Berliner Weiße, die allerdings meist mit landestypischen Früchten wie etwa Maracuja, Guave, Pitanga, Butia oder Umbu aromatisiert ist.

Der brasilianische Touch

Die hippeste Bierszene in Brasilien befindet sich in Rio de Janeiro. Rund 50 Kreativbrauereien gibt es inzwischen in der Stadt am Zuckerhut. Zu den Pionieren gehören Brauereien wie etwa Three Monkeys Brewing, 3 Cariocas, 2 Cabecas oder Hocus Pocus. Viele der neuen Bier-Stars fungieren allerdings als sogenannte Gypsy-Brauer, da es in Brasilien angeblich besonders kompliziert ist, eine eigene Brauerei zu eröffnen. So mieten sich viele Brauer aus Rio beispielsweise in die 2008 gegründete Braustätte Allegra im Osten der Stadt ein, um dort ihre Sude zu produzieren.

Auch wenn viele internationale Brauer sich – aus alter Tradition – an das deutsche Reinheitsgebot von 1516 orientieren, enthalten in Brasilien viele Biere auch Anteile von Mais oder Reis – was die Sude bei den tropischen Temperaturen etwas leichter gestaltet als konventionelle Malzbeigaben. Bis zu 45 Prozent Maisanteil sind zugelassen. Gern verwenden Kreativbrauer für ihre Spezialitäten auch Nüsse, Kaffee oder Kakao um einen eigenständigen brasilianischen Touch zu präsentieren. Solche Kombinationen gefallen sogar den Juroren internationaler Bier-Awards wie etwa dem „European Beer Star“, bei dem einige Sude aus Brasilien schon wichtige Medaillen-Siege feiern konnten.

Mareike Hasenbeck

Mareike Hasenbeck ist freie Journalistin, Craft-Bier-Bloggerin von Feiner Hopfen sowie Biersommelière und international DLG geprüfte Sachverständige für Bier-Sensorik.