Bierkonsum in Südkorea – eine vielschichtige Marktsituation
Mit 52 Millionen Einwohnern zählt Südkorea zu den kleineren Ländern Asiens, sowohl was die Bevölkerung als auch die geographischen Verhältnisse betrifft. Doch trotz seiner relativ geringen Größe zählt das Land zu den größten und spannendsten Biermärkten der asiatischen Region. Mit einem aktuellen Bierkonsum von über 39 Litern pro Kopf konnte die landesweite Bierindustrie über das letzte Jahrzehnt hinweg insgesamt ein konstantes Wachstum verzeichnen.
Der Bierkonsum in Südkorea
Die große Beliebtheit von Bier in Südkorea lässt sich aus folgenden Zahlen ersehen: 2019 belegte das Land Rang 18 der größten Bierkonsumenten weltweit mit einem Jahresverbrauch von insgesamt 20,22 Millionen Hektolitern. Im selben Jahr machte Bier 39,7 Prozent des gesamten Umsatzes mit alkoholischen Getränken in Südkorea aus.
Starke Konkurrenz – Soju
Nach Bier ist Soju das am zweithäufigsten konsumierte alkoholische Getränk in Südkorea. Es ist ein farbloses, durch Destillation gewonnenes Getränk, dessen wichtigste Rohzutat aus Reis mit häufigen Beimengungen von Weizen oder Gerste besteht.
Soju lässt sich leicht an den üblicherweise hellgrünen Glasflaschen erkennen, die es für etwa 1.000 südkoreanische Won (KRW) in Supermärkten und etwa 1.600 KRW in Bedarfsartikelgeschäften zu kaufen gibt – das entspricht etwa 0,70 bzw. 1,12 Euro. Der günstige Preis des Getränks trägt wesentlich zu seiner Beliebtheit in Südkorea bei.
In den 1990er Jahren verbot die koreanische Regierung aufgrund landesweiter Knappheit die Verwendung von Reis zur Herstellung von Soju. Obwohl das Verbot schließlich aufgehoben wurde, nutzten heute noch aktive Hersteller stattdessen weiterhin stärkehaltige Gewächse wie Kartoffeln, Süßkartoffeln und auch Tapiokastärke zur Produktion von Soju, was auch den Alkoholgehalt des Getränks verringerte.
Negative Entwicklungsfaktoren des Bierkonsums in den letzten Jahren
In den letzten beiden Jahren verzeichnete die Bierindustrie in der Volumenbetrachung einen Wachstumsrückgang, doch die Umsätze konnten in diesen Jahren dennoch leicht gesteigert werden. Bevor die Bierindustrie von der COVID-19-Pandemie hart getroffen wurde, war die auf Handel angewiesene Wirtschaft Südkoreas durch rückläufigen Bedarf bereits erheblich angeschlagen, ausgelöst durch den Handelskrieg zwischen den USA und China im Jahr 2019. Das ins Stocken geratene Wirtschaftswachstum hatte in diesen Jahren auch negative Auswirkungen auf den Bierkonsum.
Doch die Bierindustrie besitzt nach wie vor großes Wachstumspotenzial, da in Südkorea der Konsum alkoholischer Getränke als wichtiger Bestandteil des sozialen Lebens gilt und dieser bei privaten Zusammenkünften wie auch geschäftlichen Gelegenheiten häufig gefördert wird. Auch wenn der Alkoholkonsum in der älteren Bevölkerungsschicht aus gesundheitlichen Gründen immer weiter abnimmt, so hält er insgesamt doch stabil ein hohes Niveau, was teilweise auch an der steigenden Zahl weiblicher Konsumenten liegt.
Streiflicht auf den Biermarkt Südkorea
Zu Beginn des letzten Jahrzehnts stand der südkoreanische Biermarkt unter einem klaren Duopol – zwei Hersteller dominierten dabei über 90 Prozent des Marktes. Doch die zweite Hälfte des Jahrzehnts brachte frischen Wind und damit Veränderung in die Bierindustrie. Der Markteintritt einer dritten Brauerei und zunehmende Importe rangen den beiden etablierten Herstellern Marktanteile ab. Der per Import angeheizte Wettbewerb zwang die beiden dominanten Brauereien zu einer Erweiterung ihres Portfolios.
Führende Brauereien in Korea
Die südkoreanische Bierindustrie steht unter der Herrschaft zweier lokaler Großbrauereien, der Oriental Brewery Company Co., Ltd. und der HiteJinro Co. Eine weitere Großbrauerei, Lotte Chilsung, machte sich 2014 mit der Einführung der Sorte „Kloud“ auf dem Markt einen Namen. Auf diese drei Brauereien entfielen 2019 insgesamt beinahe 85 Prozent aller Bierverkäufe.
Oriental Brewery (OB)
Oriental Brewery ist eine Tochtergesellschaft von AB InBev und die größte Brauerei Südkoreas. Gemessen am Umsatz hält Oriental Brewery, kurz OB genannt, etwa 50 Prozent am südkoreanischen Biermarkt. 2019 verzeichnete Oriental Brewery ein operatives Ergebnis von etwa 409 Milliarden südkoreanischen Won, umgerechnet etwa 286 Millionen Euro.
Das Unternehmen wurde 1952 von der Doosan Group gegründet und 1998 von InBev aufgekauft. Im Juli 2009 wurde OB dann an ein Tochterunternehmen von Kohlberg Kravis Roberts & Company verkauft, da AB InBev auf diese Weise einen Teil seiner Schulden abbauen wollte. Allerdings sicherte sich AB InBev die Rückkaufrechte zu festgelegten Konditionen und erwarb OB im April 2014 zurück.
Oriental Brewery verkauft die beliebte Biersorte Cass, die 2019 auch die führende Sorte in Südkorea war. Hinzu kommt eine ganze Reihe weiterer Topseller wie OB Golden Lager und Cafri. Zudem importiert und vertreibt das Unternehmen etliche AB InBev-Marken in Korea, darunter Budweiser in Dosen, Corona, Beck’s, Stella Artois, Leffe und Löwenbräu.
HiteJinro
HiteJinro ist aus der Fusion der beiden Unternehmen Hite Brewery und Jinro hervorgegangen und ist zweitgrößter Bierhersteller in Südkorea. Hite Brewery wurde 1933 gegründet und war als Unternehmen im Bereich Spirituosenhandel aktiv, Jinro wurde 1924 gegründet und war der erste Bierhersteller in Korea. 2006 wurde Jinro von Hite übernommen und es entstand HiteJinro.
Über die letzten Jahre war das Biergeschäft von HiteJinro deutlich rückläufig, und 2014 hatte das Unternehmen einen Betriebsverlust von 22,5 Milliarden südkoreanischen Won zu verzeichnen, umgerechnet sind das etwa 15,8 Millionen Euro. Seitdem sorgte der harte Wettbewerb ständig für weitere Verluste und zusätzliche Kosten im Bereich Werbeaktivitäten. 2019 knackte das Unternehmen mit der beliebten Biersorte Terra und Soju unter dem Label „Jinro Is Back“ die Umsatzmarke von 2 Billionen südkoreanischen Won, umgerechnet etwa 1,4 Milliarden Euro, und sorgte somit nach sieben Jahren für eine Trendwende. Der Anteil des Unternehmens am Biermarkt stieg von 27 Prozent im Jahr 2018 auf 33 Prozent im Jahr 2019. HiteJinro hat auch Import- und Vertriebspartnerschaften mit internationalen Bierunternehmen etabliert, um dem erhöhten Bedarf an Importbier gerecht zu werden.
Zudem weitet das Unternehmen seinen Einflussbereich auch aktiv auf Überseemärkte wie die Philippinen aus. In diesem Zuge wurde im Januar 2020 HiteJinro Philippines in Manila gegründet, nach den Niederlassungsgründungen in Japan, den USA, China, Russland und Vietnam die bereits sechste Tochtergesellschaft in Überseemärkten.
Anteil kleiner Brauereien nimmt zu
Führende inländische Brauereien haben großen Bedarf an nicht-malzhaltigen Getreidesorten wie Weizen und Reis, um Kosten zu senken und mildere Geschmacksrichtungen zu realisieren. In Südkorea ist Lagerbier stark auf dem Vormarsch, was die Kundenpräferenz nach trockenen Biersorten mit mildem Geschmack widerspiegelt. Doch der sich ständig wandelnde Geschmack der Konsumenten zwang inländische Brauereien auch dazu, Biersorten mit höherem Malz- und Hopfengehalt in ihr Portfolio mit aufzunehmen oder deren Produktion zu erweitern.
Ähnlich wie in Europa erfreuen sich Craft-Biere auch in Südkorea immer größerer Beliebtheit. Aufgrund der großen Nachfrage ist die Zahl der kleinen Brauereien in Südkorea von 63 im Jahr 2014 auf 133 Ende 2018 stark angestiegen.
Steigender Bierimport in Südkorea
Im Laufe der letzten Jahre hat der Bierimport in Südkorea zu einem Höhenflug angesetzt. 2019 hatte das Importwachstum jedoch einen leichten Einbruch zu verkraften.
Laut Angaben der Regierung beliefen sich die südkoreanischen Bierimporte 2019 auf etwa 281 Millionen US-Dollar. Das waren 9 Prozent weniger als 2018.
Importe aus den USA konnten 2019 hingegen ein Wachstum von beinahe 80 Prozent verzeichnen. Die Bierexporte der USA nach Südkorea lagen in diesem Jahr laut der United Nations Comtrade-Datenbank für internationalen Handel bei umgerechnet etwa 66,61 Millionen Dollar.
Bierimporte aus Japan hatten 2019 und 2020 historische Rückläufe zu verzeichnen. 2018 war Südkorea für japanische Bierhersteller wie Asahi, Kirin und Sapporo noch der größte Exportmarkt. Japan verschiffte in diesem Jahr laut dem japanischen Finanzministerium Bier im Wert von 800,34 Millionen Yen nach Südkorea, das entspricht etwa 6,2 Millionen Euro. Ein weiterer Schlag wurde japanischen Exporteuren durch südkoreanische Konsumenten und deren Boykott japanischer Biersorten versetzt.
Einführung eines neuen Steuersystems
Die südkoreanische Regierung ist von einem wertbasierten Besteuerungssystem für alkoholische Getränke zu einem volumenbasierten Ansatz gewechselt. Dieses System ist seit 1. Januar 2020 in Kraft. Unter der volumenbasierten Alkoholsteuer wird Bier mit einem Satz von 830,3 südkoreanischen Won pro Liter besteuert, das sind umgerechnet 58 Cent. In Gaststätten und Bars vertriebenes Fassbier wird 20 Prozent geringer besteuert, der Satz liegt damit bei 664,2 südkoreanischen Won pro Liter, also etwa 46 Cent. Diese Regelung gilt bis Ende 2022, danach wird Bier wieder einheitlich besteuert.
Gesenkter Steuersatz für inländische Premium-Biersorten
Der politische Schwenk begünstigt vor allem Premium-Biersorten, da hochpreisige Produkte am stärksten vom neuen Steuersystem profitieren. Unter dem alten Steuersystem wurden inländische Premiummarken höher besteuert als billige Sorten, was südkoreanische Hersteller davon abschreckte, qualitativ hochwertiges Bier zu verkaufen. Der Großteil der in Massen produzierten Biersorten im niedrigen Preissegment ist nur in geringem Maße von den steuerlichen Änderungen betroffen.
Das neue System besteuert sowohl inländische als auch importierte Biersorten mit besagten 58 Cent pro Liter, wodurch inländisches Bier der Importvariante gegenüber einen leichten preislichen Vorteil genießt. Als Folge dieser neuen Initiative werden schwere Einbußen im Importbereich erwartet.
Das bis 2019 in Kraft gewesene Steuersystem gewährte Importbieren einen Preisvorteil von beinahe 20 Prozent, wodurch etliche inländische Hersteller gezwungen waren, Teile ihrer Produktion ins Ausland zu verlagern.
Kleine Brauereien im Aufwind
Im Mai 2020 kündigten das südkoreanische Wirtschafts- und Finanzministerium und die nationale Steuerbehörde einen Plan zur Überarbeitung der aktuellen Alkoholbesteuerung an. Einige Maßnahmen sollten bereits im dritten Quartal in Kraft treten, andere sollten Ende 2020 von der Nationalversammlung verabschiedet werden.
Die Überarbeitung gibt kleinen Brauereien die Möglichkeit, mit ihren Produkten durch Auslagerung in größere Fertigungseinrichtungen in Massenproduktion zu gehen. Ein offizieller Sprecher von Kabrew, einem lokalen Craft-Bier-Hersteller, führt aus, dass über 100 kleine Brauereien von diesem Plan profitieren werden, da sie ihre Produktion in Zusammenarbeit mit größeren Partnern hochfahren können.
Zudem müssen lokale Hersteller Änderungen des Rezepts oder des Alkoholgehalts lediglich melden, statt komplizierte Prozesse und Genehmigungsverfahren zu durchlaufen, solange die Änderung die Sicherheit des Produkts nicht gefährdet. Die Zugabe von Stickstoff zum Bier sorgt beispielsweise für eine weiche Textur und wird nach Anpassung des Gesetzes ebenfalls möglich sein.
Möchten Sie mehr über die Bier- und Getränkeindustrie in Südkorea oder in anderen Ländern erfahren? Dann besuchen Sie uns auf der nächsten drinktec vom 12. bis zum 16. September 2022 in München.
Der Artikel wird gesponsert vom Verlag W. Sachon.