Bierfassgrößen: Die Trends im Fassbiermarkt
![Kleine Bierfassgrößen im Lager](https://drinktec-blog.b-rex.de/wp-content/uploads/2021/11/kleine-bierfassgroessen-1024x484.jpg)
Welche Vorteile kann eine Verkleinerung von Fassgebinden in der Gastronomie mit sich bringen? Inwieweit können Ausschankqualität, Hygiene, Getränkevielfalt und sogar arbeitsrechtliche Aspekte davon positiv beeinflusst werden? Der folgende Beitrag ist aus einer Marktstudie entstanden, die Schankspezialist Dr. Johannes Tippmann im Auftrag von Micro Matic A/S angefertigt hat.
Schon die Fassgröße überprüft?
Seit Jahren findet eine stetige Veränderung der Gastronomielandschaft statt, getrieben durch Änderungen des Lifestyles, veränderte Anforderungen an Gesundheit und Ernährung, aber auch durch das Craft Bier und zuletzt durch Corona. Ein wichtiges Werkzeug im Marketing kann das Fass hinsichtlich seiner Umweltfreundlichkeit sein. Die eingesparten Flaschen oder Dosen sind beträchtlich. Der Marktanteil von Fassbier beträgt zehn Prozent des Bierausstoßes, die Tendenz weltweit ist leicht steigend.
Der Gastronom steht damit vor der Herausforderung, sich hier dem Markt anzupassen, um z. B. mehr Sorten gezapfter Getränke anzubieten. Die Konsequenzen daraus sind teilweise in kompletten Umgestaltungen von Gastronomieobjekten sichtbar. Da dies jedoch nicht immer wirtschaftlich sinnvoll ist, werden günstige alternative Wege gesucht. Eine Möglichkeit – so banal sie klingen mag – könnte in der Anpassung der Gebindegröße von Fassbier liegen, wodurch sich auch eine Reihe weiterer Aspekte positiv beeinflussen lässt.
Vorteile kleinerer Bierfassgrößen für die Gastronomie
Bessere Bierqualität vom Fass
Fassbier wird in Umfragen wegen des besseren und frischeren Geschmacks regelmäßig als das bevorzugte Getränk in der Gastronomie bewertet. Die Hauptfaktoren für eine einwandfreie Bierqualität im Fass und lange Haltbarkeitszeit sind Karbonisierungsgrad, mikrobiologische Situation sowie Veränderung des Bieres durch natürliche Alterung.
Die Haltbarkeit eines angestochenen Fasses hängt – neben der Lagertemperatur und der Verwendung von CO2 – maßgeblich auch von der hygienischen Situation in der Schankanlage ab. Diese wiederum ist abhängig von der Qualität der verwendeten Bauteile.
Erst wenn die Summe aller Faktoren exakt berücksichtigt wird, ist es für manche Biersorten möglich, über eine Anstichdauer von drei bis vier Wochen eine gute Bierqualität zu gewährleisten.
In der Regel ist dies aber nicht zu erreichen. Gerade in der Gastronomie, wo sich häufig wechselndes und nicht ausreichend geschultes Personal um das Fassbier kümmert, können durch zu lange Anstichzeiten nachhaltige Qualitätsprobleme auftreten. Diese Erkenntnis haben viele Brauereien in ihren Pflichtenheften aufgenommen. Kann der Gastronom das Fass nicht innerhalb eines definierten Zeitraums leeren, wird die betreffende Biersorte als Flaschenbier serviert.
Um trotz geringem Durchsatz dennoch gutes „Gezapftes“ servieren zu können, bieten manche Brauereien mit 15- oder 20-l-Fässern bereits kleinere Fassgrößen als die herkömmlichen 30- oder 50-l-Fässer an.
![Schankhähne in einer Bar beim Bier zapfen](https://drinktec-blog.b-rex.de/http://drinktec-blog.b-rex.de/wp-content/uploads/2021/11/bier-vom-schankhahn.jpg)
Aufkarbonisierung bei 10-l-Fässern
Die Karbonisierung, also der CO2-Gehalt, ist ein entscheidendes Charakteristikum für Getränke. Sie sorgt für vielfältige sensorische Einflüsse, Abweichungen davon verändern ein Getränk maßgeblich.
![Zeitlicher Verlauf des Aufkarbonisierens in einem 30-l-Fass Helles Bier](https://drinktec-blog.b-rex.de/http://drinktec-blog.b-rex.de/wp-content/uploads/2021/11/diagramm-aufkarbonisierung-bierfass.jpg)
Bei einem angestochenen Bierfass stellt sich, abhängig vom Betriebsdruck, nach 48–72 Stunden ein neuer Sättigungsdruck ein. Von der betrachteten Sorte Bier werden während eines Betriebstages zehn Liter Fassbier verkauft.
Der grüne Rahmen in nebenstehender Abbildung stellt die verkaufte Menge der Sorte dar, die zugleich der Anstichzeit eines 10-l-Fasses entspricht. Der rote Rahmen stellt die Anstichdauer eines 30-l-Fasses dar, die sich aus 8+16+8+16+8 Stunden zu 56 Stunden zusammensetzt. Hier findet im Gegensatz zum 10-l-Fass eine deutliche Aufkarbonisierung statt.
Schnellere Abkühlung kleiner Gebinde
Das Abkühlen eines Fasses ist der zweite wichtige physikalische Einfluss auf die Getränkequalität und die Eigenschaften beim Zapfen. Ein Schlank-Keg mit 24 Zentimetern Durchmesser ist dabei mit rund 25 Stunden deutlich schneller durchgekühlt als ein DIN-Keg mit 40 Zentimetern Durchmesser. Dadurch ergeben sich bei schlanken, kleineren Fässern Vorteile hinsichtlich Bevorratung, Kühldauer und Flexibilität.
Der Deutsche Brauer-Bund empfiehlt in seinem „Leitfaden Getränkeschankanlagen“ eine Abkühldauer von mindestens 48 Stunden. Als Kühlkapazität wird die 1,5-fache Ausschankmenge eines Lieferintervalls empfohlen.
Geringeres Hygienerisiko
Ein hoher Keimgehalt in der Leitung stellt nicht nur das direkte Risiko der Kontamination beim Durchfluss des Bieres durch die Leitung dar. Das mikrobiologische Wachstum erfolgt auch in Richtung Gebinde. Haben die Mikroorganismen das Fass erreicht, setzt sich das Wachstum dort fort und führt häufig dazu, dass das Fass „kippt“. Dieser Umstand wird häufig bei lange angestochenen 50-l-Fässern beobachtet. Dieses Risiko kann durch kleinere Bierfassgrößen reduziert werden.
Breitere Getränkeauswahl für Konsumenten
Mit dem Siegeszug des Craft Bieres entwickelte sich eine neue Art von Gastronomiebetrieben: Bierbars mit einer Vielzahl von Zapfhähnen an der Theke. Die Anzahl der Hähne nahm dabei in den letzten Jahrzehnten stetig zu, liegt in der Regel über zehn und kennt nach oben hin kaum eine Grenze.
Vor allem die jungen, zahlungskräftigen Konsumenten, die sich Abwechslung bei der Bierauswahl wünschen, treiben diese Entwicklung voran. Die Verwendung kleiner Fassdurchmesser (sogenannte Schlank-Kegs) gestattet es, die Sortenzahl zu erweitern, wie in nebenstehender Abbildung erkennbar wird.
![](https://drinktec-blog.b-rex.de/http://drinktec-blog.b-rex.de/wp-content/uploads/2021/11/grundriss-theken-mit-schankhaehnen.jpg)
Weniger Gebindeschäden
Ein weiteres, sehr wichtiges Argument für die Verwendung von kleinen Bierfässern ist der einfachere Umgang. 50-l-Fässer werden aufgrund des hohen Gewichtes häufig geworfen, gerollt und für ihre Verhältnisse sehr grob behandelt. Die Verwendung des leichteren, handlicheren 20-l-Fasses führt nach Aussagen zahlreicher Brauereien zu einem besser gepflegten Fasspool mit weniger Gebindeschäden.
Höhere Arbeitssicherheit für Angestellte
![Mann trägt Bierfässer in der Brauerei](https://drinktec-blog.b-rex.de/http://drinktec-blog.b-rex.de/wp-content/uploads/2021/11/bierfaesser-tragen.jpg)
50-l-Fässer bedürfen für alle und 30-l-Fässer zumindest für weibliche Angestellte in der Gastronomie einer besonderen Betrachtung. Diese Vorgaben zur Arbeitssicherheit werden häufig vernachlässigt.
Die Lastwichtung aufgrund des Gewichtes des Kegs plus der Füllung mit Bier erreicht hier den maximalen Wert von 25, was bedeutet, dass eine körperliche Überbeanspruchung möglich ist. Die Konsequenz: „Gestaltungsmaßnahmen sind angezeigt“.
Kleinere Kegs sind auch unter arbeitsrechtlichen Gesichtpunkten relativ unkritisch.
Neue Absatzchancen für Brauereien
Ausschank von alkoholfreiem Bier
Mit der stark zunehmenden Marktpräsenz von alkoholfreiem Bier steigt auch das Verlangen nach dem Ausschank dieser Biere über die Schankanlage. Neben der grundsätzlichen Eignung des alkoholfreien Bieres muss sich der Betreiber der Anlage darüber im Klaren sein, dass dieses Getränk einem erhöhten mikrobiologischen Risiko unterliegt. Der schneller eintretende Verderb ist dabei das eine Risiko. Das weitaus größere Risiko liegt jedoch in der ungewollten Vergärung der noch vorhandenen Malzzucker. Dies stellt eine besonders hohe Produkt- und Konsumentengefährdung dar, die ebenfalls durch kleinere Gebinde und damit kürzere Anstichzeiten minimiert werden kann.
Fassbier für Heimzapfanlagen
Für den Umsatz der Gastronomie nicht förderlich, aber realistisch betrachtet sehr wahrscheinlich, ist die sich weiter fortsetzende Entwicklung der Verlagerung des Bierkonsums in den Heimbereich, auch z.B. im Zusammenhang mit Catering.
Diese Nachfrage kann der Gastronom durch geeignete Ausschanksysteme befriedigen. Auch hier sind kleinere Bierfassgrößen vorteilhaft, mit denen das Bier bedarfsgerecht angezapft und nach Verbrauch abgerechnet werden kann.
Diesen Trend haben große Konzerne längst entdeckt und bieten eine Reihe von Heimzapf-Geräten an. Diese sind durchweg in kleinen Gebindegrößen ausgeführt und belegen die Ablehnung der meisten Konsumenten gegenüber „zu großen“ Bierfässern. Das Wachstum des „Home draft beer dispensers market“ wird weltweit mit sieben Prozent in den nächsten Jahren angegeben.
Kosten der Umstellung auf kleine Bierfassgrößen
Es lässt sich nicht leugnen, dass die Umstellung auf kleinere Fässer mit einer gewissen Investition verbunden ist. Langfristig dürfte sich diese allerdings durch die verbesserte Bierqualität positiv auswirken. Der Bierabsatz von Fassbier ist für viele Brauereien ein wichtiges Marktsegment, um in der Summe vom Konsumenten akzeptierte Verkaufspreise anbieten zu können. Das Fassbier hat, wenn es richtig umgesetzt wird, ein gutes Potential für einen hohen Rohertrag.
Man muss hier festhalten, dass die Kosten pro Hektoliter bei kleinen Gebinden höher sind. Angesichts der oben dargelegten Argumente dürfte allerdings ein kalkulierter Mehrpreis von etwa 1 Cent pro 0,3-l-Glas Bier aus einem kleineren Gebinde für eine bessere Qualität durchaus vertretbar sein.
Fazit: Kleine Fässer haben großes Potential
Die Gastronomie und der Fassbiermarkt entwickeln sich kontinuierlich weiter. Ein Ansatzpunkt, diese Entwicklung nachhaltig zu gestalten, kann die Verwendung innovativer Verpackungstechnik sein, was sich an dieser Stelle auf die Gebindegröße bezieht. Häufig wird bei innovativer Verpackungstechnik aber nur der Aspekt alternativer Materialien betrachtet.
Gerade die Umstellung von großen auf kleinere Fässer birgt hinsichtlich Qualität, aber auch in Bezug auf die Arbeitssicherheit, ein großes Potential. Zudem können durch die Verwendung von kleineren Gebindegrößen neue Märkte wie alkoholfreies Bier und der Heimkonsum von den Brauereien leichter erschlossen werden.
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