Alkoholkonsum und das Werbeinstrument „Smart Drinking“
![Bier auf Tisch mit Auto](https://drinktec-blog.b-rex.de/wp-content/uploads/2021/11/bier-auto-smart-drinking-1024x484.jpg)
2011 veröffentlichten US-amerikanische Wissenschaftler einen Artikel mit dem Titel „A Drink Best Not Served“ über die Einflussnahme der Alkoholindustrie auf Organisationen des öffentlichen Gesundheitswesens. Im Zentrum stand der Interessenkonflikt zwischen den Prioritäten des Gesundheitssystems und den Zielen gewinnorientierter Unternehmen, mehr Alkohol zu verkaufen. Ein Paradigmenwechsel musste her: Der Wandel hin zur Kultur des verantwortungsvollen Trinkens, dem Smart Drinking, für diejenigen, die sich dafür entscheiden, zu trinken.
Verantwortungsvoller Alkoholgenuss als Ziel
2013 schlossen sich 13 der weltweit führenden Bier-, Wein- und Spirituosenhersteller zur „International Alliance for Responsible Drinking“ (IARD) zusammen. Ihr Ziel: durch selbst auferlegte Maßnahmen und Verpflichtungen die Reduzierung des schädlichen Alkoholkonsums bzw. Alkoholmissbrauchs um mindestens 10 % aktiv zu unterstützen.
Nichtsdestotrotz muss das Geschäftsmodell „Smart Drinking“ für die Getränkeindustrie profitabel sein und sich betriebswirtschaftlich rechnen. So rückten alkoholfreie und -reduzierte Produkte verstärkt in den Fokus verschiedenster Marketingmaßnahmen. Sie wurden – allen voran alkoholfreies Bier – zum Werbeinstrument der internationalen Produzenten.
Wachstum für alkoholfreies Bier prognostiziert
Im Jahr 2020 wurde der globale Markt für alkoholfreies Bier auf rund 18 Milliarden US-Dollar geschätzt. In den kommenden Jahren soll der Weltmarkt mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate (CAGR) von 7,5 % wachsen und bis 2024 einen Wert von rund 25 Milliarden US-Dollar erreichen.
Da alkoholfreie Biere in Deutschland nicht der Biersteuer unterliegen und somit statistisch nicht erfasst werden, sind absolute Zahlen zur Produktion, Absatz und Export rar.
Daten des statistischen Bundesamtes zeigen die Verdoppelung des Produktionsvolumens von alkoholfreien Bieren im Zeitraum von 2009 bis 2019, während Biermischgetränke im Zehnjahresvergleich um etwa 30 % wuchsen.
Eine Unterscheidung nach Sorten, Malztrunk oder alkoholfreien Biermischgetränken wird nicht vorgenommen. Daten zur europa- und weltweiten Struktur des Marktes sind über Analysen internationaler Marktforschungs- und Unternehmensberatungsunternehmen oder auf freiwilliger Basis als Informationsmaterial entsprechender Verbände verfügbar.
Spin-Off-Getränke für „Smart Drinking“
Die Dynamik der alkoholfreien Biere hat auch zum Aufschwung anderer alkoholreduzierter und ‑freier Produkte geführt, deren originäre Bezeichnungen auf alkoholhaltige Getränke zurückzuführen sind (siehe Abb. 1).
Der etwas weiter verbreitete alkoholfreie Sekt, Gin und Cider sowie die Alternative zu Amaretto und Rum sind „Alkoholfreie Spin-Offs“ des Fast-Moving-Consumer-Goods-Bereiches. Laut dem Duden wird unter dem Begriff „Spin-Off“ die Übernahme technisch innovativer Verfahren oder Produkte in andere Bereiche verstanden. Der hohe Grad an Diversität gibt Herstellern und Produktentwicklern dank mangelnder Spezifikationen, fixen Vorgaben und Erwartungshaltungen der Konsumenten relativ großen Spielraum bezüglich des Aromaeindruckes.
![Grafik Alkoholfreie Spin Offs](https://drinktec-blog.b-rex.de/http://drinktec-blog.b-rex.de/wp-content/uploads/2021/11/grafik-alkoholfreie-ableger-spin-off.jpg)
Bezogen auf ihre Marktanteile sind die aufgeführten Getränke im Vergleich zu alkoholfreien Bier jedoch reine Nischenprodukte. Der Marktanteil für ober- und untergärige alkoholfreie Biere liegt mit ca. 10 % deutlich höher als etwa der Marktanteil für alkoholfreien Wein (1 %) und Sekt (5 %).
Dennoch trifft alkoholfreier Wein den Zeitgeist des „Smart Drinking“ und ist laut einem Branchenmagazin der weiblichen und eher wohlhabenderen Zielgruppe zuzurechnen. Im Vergleich zu alkoholfreiem Bier ist zudem die Preisbereitschaft für die alkoholfreien Pendants von Wein und Spirituosen höher. Die Platzierung alkoholfreier Spirituosen erfolgt meist im Premiumsegment, hinter denen oft Start-Ups stehen. Unternehmen mit einem breiten Portfolio führen entsprechende Produkte bevorzugt als neue Marke ein, um dem Streben des Kunden nach Individualität zu entsprechen und seinen Entdeckergeist zu wecken.
Fazit: Mehr Alternativen für Abstinenzler
Wer nichts trinkt, muss keine Spaßverderber sein. Für diejenigen, die lieber nüchtern bleiben, bieten sich mehr und mehr Alternativen. Passend dazu wird der Buchtitel „Sober Curious“, frei übersetzt als „nüchtern, aber neugierig“ gerne zur Beschreibung des Trends zur Abstinenz verwendet.
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Der Artikel wird gesponsert vom Verlag W. Sachon.