Nachhaltig verbunden – Nachhaltige Verschlusslösungen in der Getränkeindustrie

Longneck-Leichtgewicht von AB InBev
(Foto: © AB InBev)

Bei der Weiterentwicklung von Glas- und PET-Flaschen, Getränkekartons oder Dosen steht weiterhin die Nachhaltigkeit im Vordergrund. Die Anforderungen der Verbraucher und der Gesetzgeber, die an die Verpackungen gestellt werden, unterscheiden sich abhängig vom Material, stehen aber alle unter dem übergeordneten und alles dominierendem Thema. Fest mit der Flasche oder dem Karton verbundene Verschlüsse (für Einwegkunststoffe), der reduzierte Einsatz von Material (leichte Glasflaschen) und die verstärkte Verwendung von recyceltem Material (rPET) sind und bleiben wichtige Zielstellungen. Ein Blick auf aktuelle Projekte.

Betrachtet man die Weiterentwicklung von Getränkekartons, so scheint derzeit der Blick der Getränkekarton-Branche vor allem auf die Verschlüsse gerichtet zu sein. Dies überrascht nicht, schließlich schreibt die EU-Richtlinie für Einwegkunststoffe vor, dass alle Einweg-Getränkeverpackungen bis Juli 2024 mit angebundenen Verschlusskappen geliefert werden müssen, damit die Verschlusskappen zusammen mit dem Rest der Packung entsorgt und recycelt werden können.

Der Umweltaspekt steht bei der EU-Richtlinie für die Einführung von Tethered-Caps im Mittelpunkt. Aber spiegelt dies auch den tatsächlichen Bedarf der Verbraucher wider? Geht es nach einer von Sidel beauftragten und von Ales Research durchgeführten Studie, in der die Verbraucher die Attraktivität, Funktionalität und Umweltauswirkungen von den an der Flasche befestigten Verschlüssen bewerten sollten, ist der Nachhaltigkeitsgedanke nicht der erste Aspekt, an den die Konsumenten denken. Stattdessen schätzen die 3.200 befragten Europäer im Erwachsenenalter vor allem die Produktsicherheit und Benutzerfreundlichkeit.

Zwar stimmten 87% der Befragten zu, dass Plastikmüll der Umwelt schadet und Flaschenverschlüsse einen Teil dazu beitragen. Jedoch war nur ein kleiner Teil der Befragten (26%) der Meinung, dass die fest verbundenen Verschlüsse wirklich helfen, Umweltverschmutzung durch Kunststoff zu verhindern. „Verbraucher haben eine überaus praktische Einstellung zu Flaschenverschlüssen. Wie sich herausstellte, sind sie vor allem an Produktsicherheit und Benutzerfreundlichkeit interessiert und möchten daher wissen, ob ein Verschluss vor der Benutzung der Flasche geöffnet war oder nicht und wie einfach er sich wieder anbringen lässt. Darüber hinaus ist die Dichtheit des Verschlusses ausschlaggebend, um ein Verschütten des Getränks zu verhindern“, erklärt Simone Pisani, Director Portfolio Value Creation bei Sidel.

Benutzerfreundliche Verschlusslösung
Die Benutzerfreundlichkeit von Verschlusslösungen steht für die meisten Verbraucher an erster Stelle, ergab eine von Sidel beauftragte Umfrage. (Foto: © Sidel)

Die Umfrage führte zu dem Ergebnis, dass die Gebrauchsfähigkeit (Convenience) des Verschlusses – also wie einfach er geöffnet werden kann und wie komfortabel sich Ausgießen oder Trinken gestalten –als wichtigstes Kriterium angesehen wird. „Diese Wahrnehmung kann sich natürlich noch ändern, wenn die Vorteile von an der Flasche befestigten Verschlüssen für die Umwelt erst einmal beim Verbraucher angekommen sind“, so Simone Pisani.

Die führenden Hersteller von Getränkeflaschen oder Getränkekartons setzen bei der Entwicklung an der Verpackung befestigter Verschlüsse alles daran, den Kunden aus der Getränkeindustrie geeignete Lösungen anzubieten, damit sie die EU-Vorgaben ‚termingerecht‘ umzusetzen können. Es gibt sie bereits in vielfältigen Varianten.

Der Zeit voraus: Tethered Cap-Lösungen mit robuster Doppelscharnierlösung

Recyclebare Tethered Caps von SIG
Die mit bestehenden SIG-Füllmaschinen und Applikationen kompatiblen Tethered Caps von SIG können mit den Kartonpackungen recycelt werden. (Foto: © SIG)

Das Unternehmen SIG kündigte Anfang Mai letzten Jahres an, für ihre Kartonpackungen in Europa bereits in der zweiten Jahreshälfte 2021 Verschlusskappen auf den Markt zu bringen, die auch nach dem Öffnen fest mit der Verpackung verbunden bleiben – also noch vor der von der EU gesetzten Frist im Juli 2024. Die neuen Verschlüsse sind nach Unternehmensangaben mit den bestehenden Füllmaschinen und Verschlussapplikatoren von SIG kompatibel. Ali Kaylan, SVP Innovation und VP Global Marketing bei SIG, sagt. „Dank unserer flexiblen und anpassungsfähigen Systeme können unsere Tethered Caps mit bestehenden SIG-Füllmaschinen und Verschlussapplikatoren verwendet werden.“

Komfortabeler Verschluss für die Verbraucher

Bei den SIG-Tethered Cap-Lösungen wird eine robuste Doppelscharnierlösung eingesetzt, welche sich nach Angaben des Unternehmens bei Marktforschungen als sehr geeignet für Verbraucher herausgestellt hat. Wird die Packung zum Ausgießen geöffnet, kann der Verschluss durch Herunterdrücken bis zum Einrasten in der gewünschten Position fixiert werden. Dadurch können Verbraucher aus der Packung komfortabel ausgießen, ohne dass die Kappe im Weg ist und ohne, dass sie mit den Fingern festgehalten werden muss. Zum Verschließen der Packung wird die Kappe einfach leicht angehoben und dann wie gewohnt verschlossen. Nachdem die Verpackung geleert ist, können Verschluss und Verpackung im Anschluss zusammen recycelt werden.

Tethered Caps werden für Kunden, die sich für Signature-Lösungen entscheiden, zudem aus Polymeren gemacht, die über ein zertifiziertes Massenbilanzsystem zu 100% in Verbindung zu erneuerbaren, holzbasierten Rohstoffen stehen – wie die Polymere in den Verpackungen selbst.

Pure-TwistFlip – neue Verschlusslösung

Auch Wettberber Elopak hat den Verschluss des Getränkekartons fest im Visier und führt innovative Tethered Caps Lösungen noch weit vor der Einführungspflicht im Sommer 2024 an. Neu im Sortiment ist die Tethered Cap-Lösung Pure-TwistFlip. Der Hersteller stellte Anfang Juni 2021 die Verschlusskappe vor, die während der gesamten Nutzungsdauer zuverlässig mit der Verpackung verbunden bleibt. Die Kartons können zusammen mit dem kompletten Verschluss recycelt werden. Außerdem handelt es sich nach Unternehmensangaben um den bisher leichtesten Schraubverschluss des Herstellers – der Plastikverbrauch wird dadurch weiter reduziert. All dies macht den Pure-TwistFlip zu einer Lösung für solche Marken, die der wachsenden Verbrauchernachfrage nach nachhaltigen Verpackungen gerecht werden möchten, ohne auf Convenience oder Produktintegrität zu verzichten, argumentiert der Hersteller. Der neue Deckel ist mit allen Pure-Pak Getränkekartons des Unternehmens kompatibel. Patrick Verhelst, CMO bei Elopak, meint: „Wir freuen uns sehr, dass unsere Tethered Cap- Lösung jetzt einsatzbereit ist. Mit unseren Innovationen versuchen wir stets, die Messlatte höher zu legen. Nachhaltigkeit ist dabei ein zentraler Treiber bei Elopak.“

Gewichtseinsparung – das Credo bei der Entwicklung neuer Glas-Getränkeflaschen

Während sich die Ingenieure bei der Neuentwicklung von PET-Flaschen oder auch Getränkekartons derzeit auf die Entwicklung innovativer Verschlüsse konzentrieren, setzen die Experten bei der Entwicklung innovativer Glas-Flaschen weiterhin auf die Gewichtsreduzierung durch Materialeinsparung. Keine einfache Aufgabe, schließlich stellt beispielsweise die Karbonisierung von Bieren oder Limos besondere Anforderungen an die Stabilität. Zusätzliche äußere Einflüsse auf die Flasche wirken beim Abfüllprozess oder dem Transport auf die Flasche ein.

Das Flaschen-Leichtgewicht von AB InBev

Das Unternehmen AB InBev stellte erst kürzlich die mit einem Gesamtgewicht von 150 Gramm nach eigenen Angaben leichteste Longneck-Bierflasche der Welt für die kommerzielle Produktion vor. Dies bedeutet eine Gewichtsreduktion im Vergleich zu einer vergleichbaren Standard-Longneck-Flasche um 30 Gramm (Standardflasche 180 Gramm). Im Zuge der Gewichtsreduzierung sinken nach AB InBev Angaben auch die CO2-Emissionen pro Flasche um 17 Prozent.

Entwickelt wurde die Weltneuheit im Globalen Innovations- und Technologie-F&E Zentrum der Brauerei, kurz GITEC, im belgischen Leuven. Dort wurden verschiedene innovative Technologien kombiniert, um eine nachhaltigere Flasche zu liefern und gleichzeitig eine sichere und die Bierqualität gewährleistende Verpackung zu erhalten.

Das „Bier-Leichtgewicht“ resultiert aus der Zusammenarbeit mit externen Glaspartnern, die gemeinsam an neuen Glasbeschichtungen, Glasformbeschichtungen und modernster Verarbeitung zur Verstärkung des Glases gearbeitet haben. „Bei der Gewichtsreduzierung der Flasche sahen wir uns mit Herausforderungen bei der Festigkeit konfrontiert“, sagt Frederik De Graaf, Global Director, Packaging Technology Development bei AB InBev De Graaf. „Denn Bier ist natürlich ein kohlensäurehaltiges Getränk und im Inneren der Flasche kann sich Druck aufbauen, weil sich das Glas unter bestimmten Wärmebedingungen ausdehnt. Außerdem mussten wir auf die Geschwindigkeit unserer Abfüllanlagen achten, die hohe Stoßkräfte auf die Flaschen ausüben. Letztendlich hat uns eine Kombination aus hochmodernen Anlagen, geschulten Fachleuten und Prozessverbesserungen geholfen, diese Innovation zu entwickeln.“ 

Leichteste Bierflasche der Welt
Während die klassische Longneck-Bierflasche 180 Gramm auf die Waage bringt, ist die neuentwickelte Longneck-Bierflasche mit nur 150 Gramm und 17% weniger CO2-Emission ein echtes Leichtgewicht. (Foto: © AB InBev)

AB InBev prüft nun, wie die neue Flasche zunächst in Europa als Einwegflasche eingeführt werden kann. Mehrwegflaschen sind die nächste Herausforderung für das GITEC-Wissenschaftler-Team. Sie besteht darin, die Technologien für die Leichtbauweise dieser Flaschen, die viele Zyklen überstehen müssen, weiterzuentwickeln. AB InBev hat sich verpflichtet, bis 2025 100 Prozent seiner Produkte in mehrwegfähigen Verpackungen anzubieten.

Granini und KHS: 100 Prozent rPET – von der Planung bis zur Umsetzung

An der verbesserten Umweltfreundlichkeit seiner hohes C 1-Liter PET-Flasche hat auch die Eckes-Granini Marke Hohes C gemeinsam mit der KHS-Gruppe gearbeitet. Seit Mai werden die Flaschen aus 100 Prozent rPET herstellt.

Hohes C rPET Flasche
Zusammenarbeit von Granini und KHS: Seit Mai besteht die 1-Liter Flasche der Marke hohes zu 100 Prozent aus rPET. (Foto: © Eckes-Granini)

„Mit Blick auf die Kunststoffstrategie der EU und die darin enthaltene Erhöhung der Rezyklatquoten haben wir uns nun für die vollständige Umstellung auf recyceltes PET entschieden. Wir möchten ein Pionier auf dem Gebiet der geschlossenen Kreislaufwirtschaft sein und mit gutem Beispiel in der Getränkebranche vorangehen“, erklärt Hermann Naumann, Werksleiter von Eckes-Granini im niedersächsischen Bad Fallingbostel. „Unser Ziel ist es, den CO2-Fußabdruck innerhalb der Produktion und bei unseren Verpackungen weiter kontinuierlich zu reduzieren. Dazu zählen sowohl die Senkung des Materialverbrauchs als auch die Schließung des Wertstoffkreislaufs.“ 

Im Fall von Eckes-Granini waren für KHS die Vorgaben eindeutig: Der Umstieg auf 100 Prozent rPET bei homogener und gleichbleibender Behälterqualität. Durch die erfolgte Umstellung der 1-Liter-Flaschen von Hohes C werden nach Angaben von Eckes-Granini jährlich mehr als 4.000 Tonnen neues PET eingespart. Dadurch reduziert der Abfüller nach eigenen Angaben seine CO2-Emissionen um rund 8.000 Tonnen pro Jahr.

Beim ehrgeizigen Vorhaben standen nicht nur Fragen der Ressourceneinsparung im Mittelpunkt. Auch die Umsetzbarkeit auf dem bereits im Einsatz befindlichen InnoPET FreshSafe Block musste geprüft werden. Das InnoPET FreshSafe System von KHS zeichnet sich durch eine integrierte Beschichtungstechnologie aus, bei der die Innenseite der PET-Flasche mit einer hauchdünnen Schicht Glas (SiOx) veredelt wird. Auf diese Weise soll der Inhalt länger frisch und haltbar bleiben. „Es ging unter anderem darum, ob Adaptionen am Preform oder der Anlage nötig sind“, erläutert Dr. Matthias Kruse, Leiter PET-Technologie bei KHS. „Dafür haben wir die Qualität des recycelten PET-Materials bewertet. Diese ist entscheidend, denn durch große Varianzen der Farbe, Moleküllänge und Inhomogenität sinkt die Effizienz der Produktion schnell.“ 

Für die optimale Flaschenherstellung waren minimale Adaptionen am Ofen der Streckblasmaschine notwendig. Gravierende Veränderungen an der Anlage oder bei den geometrischen Eigenschaften der Rohlinge bedurfte es nicht. „Auf diese Weise haben wir eine sehr hohe Prozesseffizienz bei gleichbleibender Behälterqualität erreicht und damit die Vorgaben unseres Kunden vollends erfüllt“, sagt Kruse. 

Auch nach der Umstellung auf 100 Prozent rPET lassen sich die Vorteile des Barriereschutzes von FreshSafe-PET nutzen. Bei den Flaschen von Eckes-Granini lässt sich die Beschichtung problemlos während des Recyclingprozesses abwaschen. Die nachhaltige Verpackungsalternative ermöglicht daher das sortenreine Flasche-zu-Flasche-Recycling. „Mit der Kombination aus rPET und zukunftsweisendem Produktschutz zeigen Eckes-Granini und KHS erneut ihre Vorreiterrolle für die Circular Economy“, sagt Kruse. 

Zum Jahresende 2022 will Eckes-Granini Deutschland für alle Marken nur noch PET-Flaschen aus 100 Prozent rPET verwenden und so insgesamt rund 9.000 Tonnen Neuplastik pro Jahr einsparen.

Fazit

Bei der Weiterentwicklung von Getränkekartons oder PET-Gebinden gilt derzeit den Verschlusslösungen die volle Aufmerksamkeit. Die Verpackungsindustrie hat angesichts der EU-Richtlinien, die bis Juli 2024 den Einsatz fest mit der Flasche verbundener Verschlüsse vorsieht, ihre Hausaufgaben gemacht und bietet ihren Kunden eine große Bandbreite an. Je nach Anbieter können sie mit nur geringen Anpassungen auf den bestehenden, flexiblen Abfülllinien angebracht werden.

Weniger Materialeinsatz und damit Gewichtseinsparung bleibt weiterhin das bestimmende Thema bei der Weiterentwicklung von Glas-Flaschen. Bei ihrer Arbeit balancieren die Ingenieure auch weiterhin auf einem schmalen Grat zwischen Gewichtseinsparung und Stabilität. Besonders herausfordernd erweist sich die Konstruktion von leichten Mehrweg-Glas-Flaschen, die einen längeren Lebenszyklus haben und intensiveren Belastungen bei Prozessen wir Logistik und Produktion ausgesetzt sind.

Eine geschlossene Kreislaufwirtschaft zu erreichen ist weiterhin das Ziel beim Einsatz von PET-Flaschen. Während der Anteil von recyceltem PET in den vergangenen Jahren sukzessive erhöht wurde, gehen Getränkehersteller Schritt für Schritt dazu über, ausschließlich recyceltes PET für die Herstellung der Flaschen zu verwenden. Das jeweilige Füllgut bildet keinen limitierenden Faktor mehr: Dank ausgeklügelter Beschichtungstechnologien ist es inzwischen möglich, selbst sensible Getränke wie Säfte oder Milch in 100 Prozent recyceltes PET abzufüllen. Das Ziel lautet daher, möglichst bald eine geschlossene Kreislaufwirtschaft zu erreichen.


Sie möchten sich mit einem internationalen Fachpublikum über die Entwicklungen der Getränkeindustrie austauschen? Dann laden wir Sie herzlich ein, an der nächsten drinktec vom 12. bis 16. September 2022 in München teilzunehmen.

Dieser Artikel ist powered by Verlag W. Sachon.

Verlag W. Sachon

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