Renaissance der Bockbiere

mit einem Glas Bockbier anstoßen
© Unsplash / User: yutacar

Der Trend zu regionalen Bieren und Bierspezialitäten ist weiterhin ungebrochen. Davon profitieren seit Jahren auch die Bockbiere. Die Nachfrage nach den Starkbieren steigt.

Bockbiere haben einen festen Platz im Handels- und Gastronomiesortiment. Sie bedienen den Wunsch der Verbraucher nach regionalen Bierspezialitäten und geschmacklicher Abwechslung. Besonders in der kühleren Jahreszeit sind die Starkbiere sehr gefragt. Der höhere Alkoholgehalt verlieh ihnen bereits im Mittelalter eine besonders gute Haltbarkeit. Der Ursprung dieser Sorte liegt in der niedersächsischen Stadt Einbeck. Bier aus Einbeck, „Ainpöckisch Bier“, galt im Mittelalter als Luxusware und wurde weit über die Stadtgrenzen hinaus verkauft. Um es für längere Transporte haltbar zu machen, wurde es stärker eingebraut. Über die Zeit nannte man es „Ainpöck“, später dann Bockbier. Der Name ist also die älteste Bezeichnung für Biere mit hohem Alkoholgehalt.

Pilsbrauer entdeckt Bockbier

Neben den traditionellen Bockbierbrauereien wie beispielsweise Einbecker, Paulaner oder Andechser brauen heute sogar klassische Pilsbrauer ein Bockbier. So launchte die Bitburger Brauerei im Herbst 2019 den Bitburger Winterbock, ein saisonales und zeitlich limitiertes helles Bockbier mit sieben Prozent Alkohol. In der Geschichte der Bitburger Braugruppe ist ein saisonales Produkt ein absolutes Novum. „Wir erfüllen damit den Verbraucherwunsch nach Abwechslung und Vielfalt zur Winterzeit mit einem vollmundigen und süffigen Bier“, erklärt Marketingleiter Frank Windau. Mit besonders ausgewählten Hopfensorten und mehrwöchiger kalter Lagerung bei minus zwei Grad sei es gelungen, ein süffig-kräftiges Bier zu brauen, das in der kalten Jahreszeit begeistert, so Windau.

Auch die dänische Carlsberg-Brauerei hat hierzulande ein neues Bockbier auf den Markt gebracht. Mit der Sorte Rubin Bock erweiterte Carlsberg Deutschland im Herbst 2019 das Duckstein-Sortiment um ein rauchig-kräftiges Bier. Damit sollen neue Kaufimpulse im vorweihnachtlichen Getränke-Geschäft geschaffen werden. Neu gestaltete Flaschen und Displays sollen für Aufmerksamkeit bei qualitätsbewussten Konsumenten sorgen. Das charakteristisch rauchige Aroma erhält das Bockbier durch Rauchmalz.

Allen Stark- oder Bockbieren ist gemein, dass sie laut Bierverordnung einen Stammwürzegehalt von mindestens 16 Prozent haben müssen. Beim Doppelbock muss der Stammwürzegehalt sogar mindestens 18 Prozent betragen, so der Bayerische Brauerbund e.V..

Eisbock wiederbelebt

Die Weldebräu aus Plankstadt hat im Nachlass ihres Braumeisters Hans Hirsch ein altes Rezept wiederentdeckt. Nun lebt es mit dem Kurpfalzbräu Eisbock wieder auf. Der Legende nach wurde Eisbock im Winter 1890 in einer Brauerei in Kulmbach „erfunden“. Ein Brauergeselle hatte an einem Winterabend keine Lust mehr, die Holzfässer ins Lager zu räumen, wie ihm sein Braumeister aufgetragen hatte. Der strenge Frost ließ die Fässer gefrieren und aufplatzen. Doch nicht das ganze Bier war gefroren. In der Mitte des Fasses hatte sich ein Bierkonzentrat gebildet, das wegen seines hohen Alkoholgehaltes nicht zu Eis wurde. Das konzentrierte, malzig-süße Gebräu mit wenig Wasseranteil stellte sich als sehr schmackhaft heraus. Der Eisbock war geboren.

Von Kulmbach bis München und darüber hinaus sprach sich die Geschichte in Brauerkreisen schnell herum und so lernte auch Braumeister Hirsch diese Bierspezialität kennen, als er im Winter 1918/19 in München seine Ausbildung machte. Sein Vermächtnis werde nun genutzt, erzählt Welde Geschäftsführer Max Spielmann. Vom Kurpfalzbräu Eisbock habe man eine kleine Menge gebraut, es sei ein reines und limitiertes Saisonbier, das besonders gut schmecke, wenn es draußen kalt und ungemütlich sei, sagt Spielmann. Die Kulmbacher Brauerei, die nach wie vor den Eisbock im Portfolio hat, erweiterte 2018 die Mönchshof Manufaktur-Linie um einen hellen Bock, eine opaltrübe Spezialität mit ausgeprägt nussigem Karamellmalz-Aroma. Mönchshof Manufaktur Heller Bock wird saisonal zur Starkbierzeit von Oktober bis März angeboten.

Wertvoller Blick über den Tellerrand

Bockbier im Glas
© Bayerischer Brauerbund e.V.

Die saarländische Karlsberg Brauerei geht in Sachen Bockbier eigene Wege und hofft durch einen Blick über den Tellerrand auf neue Impulse. So fuhren die Karlsberg-Braumeister 2018 erstmals zu den befreundeten Kollegen der irischen O’Haras Brauerei in der Nähe von Dublin, um dort gemeinsam ein dunkles Bockbier zu brauen. „Die irischen Kollegen haben uns in ihre Braukunst eingeführt und uns einige ihrer Geheimnisse verraten. Dieser Blick über den Tellerrand war eine wertvolle Erfahrung für uns“, sagt Karlsberg-Braumeister Martin Mihm. Anfang Februar dann der zweite Co-Brew: Die Karlsberg-Braumeister reisten nach Seattle, um gemeinsam mit den Experten der Big Time Brewery ein helles Bockbier zu brauen. Dabei habe man die traditionelle Biersorte auf ein neues Level gehoben, berichten die Braumeister.

Alle Beispiele zeigen: Die traditionelle Sorte Bockbier kommt wieder „in Mode“. Sie bedient perfekt das Bedürfnis nach Abwechslung und regionaler Verwurzelung. Tatsache ist: Geschmacklich ausgeprägte Biere werden bei den Verbrauchern immer beliebter. Bockbiere mit ihren intensiven Aromen finden immer mehr Liebhaber und werden inzwischen ganzjährig nachgefragt.

Wer sich von dem besonderen Charakter der Starkbierspezialitäten überzeugen möchte, sollte im Rahmen der drinktec 2021 zu dem beliebten Brauer-Treffpunkt „place2beer“ kommen. Auf einer Ausstellungsfläche von ca. 500 Quadratmetern können dort an allen Messetagen kostenfrei wechselnde Biere aus aller Welt probiert werden, darunter auch zahlreiche Bockbiere. Die drinktec findet vom 13. bis 17. September 2021 auf dem Messegelände in München statt.

Dirk Omlor

Dirk Omlor war rund zwei Jahrzehnte Redakteur bei renommierten Getränke-Fachverlagen. Im Juli 2018 gründete der Dipl.-Ing. für Brauwesen zusammen mit seiner langjährigen Kollegin Barbara Rademacher ein Text- und Beratungsbüro mit dem zentralen Projekt getraenke-news.de.