Sommerweine: der leichte und fruchtige Genuss für warme Tage
Schon länger stellen sich Marketing- und Vertriebsleute diese Fragen: Hängt das Konsumverhalten von Wein mit der Jahreszeit zusammen und wann werden welche Weine getrunken? Gibt es darüber hinaus Rezepturen oder Blaupausen für die Weinstile, die besonders im Sommer en vogue sein könnten – sogenannte Sommerweine? Wird ein Trend im Weinmarkt nämlich nicht rechtzeitig erkannt, könnte das Absatz-Folgen für Winzer, Weingut, Weinkellerei oder Weinhändler haben.
Denkt man an das Zusammenspiel von Wein und Jahreszeit, fällt einem oft als erstes der klassische Glühwein ein. Denn wenn die Tage kürzer, die Nächte länger und die Temperaturen kälter werden, beginnt die Hochzeit des Glühweins. In der Hauptsaison, wenn deutschlandweit rund 3.000 Weihnachtsmärkte im Advent die besinnliche Zeit einläuten, erreicht der Glühweinverkauf seinen Höhepunkt. Je niedriger die Temperaturen, umso höher der Konsum, wissen erfahrene Händler.
Bei heißen Temperaturen im Sommer hingegen ist eher Kühlendes und Fruchtiges gefragt und genau das bietet die Weinbranche auch den Kunden über die Sommermonate an.
Leicht und fruchtig: Sommerweine mit dem passenden Marketing
In einer Umfrage über Sommerweine für die Fachzeitschrift WEINWIRTSCHAFT skizzierte Simon Weiss, Marketing Manager der Weinhandelsfirma Mack & Schühle, worauf es bei Sommerweinen ankommt: „Frische, fruchtfokussierte Weißweine mit gerade noch als trocken zu deklarierender Restsüße entsprechen klar dem Trend der Konsumenten. Insbesondere bei steigenden Temperaturen eignen sich verstärkt primärfruchtige Bukettsorten für den unkomplizierte Trinkgenuss.“
Die Weine sollten zudem moderat im Alkoholgehalt sein und nach Möglichkeit unter der Grenze von zwölf Volumenprozent bleiben. Zusätzlich muss auch die Optik stimmen und „Summerfeeling“ verbreiten, weshalb die Weine häufig in Weißglasflaschen angeboten werden, die von den Konsumenten eher als leicht empfunden werden. Hinter Sommerweinen steckt eben auch viel Verkaufspsychologie. Auch auf die Etikettierung und die Gestaltung der Etiketten kommt es an. Sommermotive, Blüten, Blumen und zarte Pastellfarben signalisieren sommerliche Genüsse.
Fruchtige Bukettsorten im Fokus
Zusätzlich braucht ein Sommerwein einen Namen mit Signalcharakter – vor allem wenn er sich von alleine am Selbstbedienungsregal verkaufen soll. Weshalb es schon seit Jahren Weine wie die „Sommercuvée“ gibt, die Mack & Schühle gemeinsam mit zwei Winzern aus dem Weinbaugebiet Rheinhessen für den Handelskonzern Rewe entwickelt hat. Der Wein kommt mit leichten 11,5 Volumenprozent Alkohol aus und wird aus den beiden Rebsorten Sauvignon Blanc und Müller-Thurgau produziert. Die Sorten liefern reichlich Frucht und genau das suchen die Konsumenten im Sommer. Gut gekühlt soll der Wein ins Glas kommen.
Genießer sollten Sommerweine gekühlt genießen. Das im Sparkling-Markt gut funktionierende Prinzip «Sekt-auf-Eis» lässt sich mittlerweile auch auf den Weinmarkt übertragen. Hierfür eignen sich sommerlich fruchtige Weine, die sich perfekt mit Eis oder zusätzlich mit Früchten kombinieren lassen. Auch Wein- oder Sektcocktails und Schorlen treffen den Nerv der Verbraucher.
Im Sommer erfreuen sich gerade Bukettsorten wie Scheurebe, Müller-Thurgau, Sauvignon Blanc oder Gewürztraminer großer Beliebtheit. Deutsche Weißweine überhaupt liegen aufgrund der klimatischen Anbaubedingungen in Deutschland, des niedrigeren Alkoholgehalts, der fruchtbetonten Stilistik und der erfrischenden Säure als Sommerweine im Trend.
Vom Discounter bis hin zum Online-Shop: Sommerweine auf dem Vormarsch
Für den Handel sind die Sommerweine natürlich eine willkommene Belebung der urlaubsbedingt eher mageren Sommermonate. Allzu viel dürfen die Weine allerdings nicht kosten, weshalb die meisten Weinofferten unter sechs bis sieben Euro liegen.
Beliebt sind für Sommerweine Zweitplatzierungen und spezielle Displays, die man gerade auch dort arrangieren kann, wo sich der Kunde vom Sommerfeeling inspirieren lässt – sei es in der Obst- und Gemüseabteilung oder den Getränkedepots.
Selbst die Discounter schmücken sich im Sommer mit entsprechenden Weinen. Und das klingt dann bei Aldi etwa so: „Sommer, Sonne, Sonnenschein: Bei ALDI SÜD finden Genießer jetzt die besten Weine für heiße Tage und laue Abende.“ In den Läden finden die Kunden dann einen Vinho Verde aus Portugal oder einen Rosé aus Südfrankreich aus der Region Côteaux d’Aix en Provence. Neben deutschen Weinen in Weiß und Rosé stehen auch Rosé-Weine aus der Provence, aus den bekannten Weinregionen Spaniens wie Rioja oder La Mancha sowie Italiens hoch im Kurs.
Klar, dass da auch der Online-Handel nicht abseitssteht und gerne Sommerweine präsentiert. Der Online-Händler Vicampo bietet seinen Kunden unter dem Stichwort „Sommerwein trocken“ und „Sommerwein fruchtig“ in zwei 6er Paketen eine Auswahl an Rot-, Weiß- und Roséweinen vom Nahe-Weingut Mees für knapp über vierzig Euro an. Der größte deutsche Online- und Versandhändler, die Hamburger Firma Hawesko, bot ihren Kunden ein Paket aus vier Mal zwei Flaschen Wein unter dem Stichwort „Sommergenuss“ für 54,90 Euro an. Dafür bekamen die Kunden einen Tempranillo aus Spanien, einen Lugana aus Italien sowie als zweiten Rotwein den Sogno del Garda aus der DOC Bardolino am Gardasee und einem Rosé Hundertmorgen trocken. Das Paket muss gut gelaufen sein, denn bei Hawesko sind die Weine ausverkauft.
Verträgliche Weine mit moderatem Alkoholgehalt
Angesichts des anhaltenden Trends zu Sommerweinen stehen auch die Önologen nicht abseits. Spezialisierte Firmen, die önologische Beratung und Hilfsstoffe liefern, bieten Kellermeistern und Winzern neu selektierte Hefen an. Diese verhelfen zu leichteren, alkoholärmeren dafür fruchtbetonteren Weinen. Ein Beispiel für solch eine Firma ist Erbslöh als Spezialist für die Verarbeitung und Veredelung von fruchtbasierten Getränken. Das Geisenheimer Unternehmen sieht dies als Antwort auf den seit Jahren anhaltenden Trend zu höheren Mostgewichten aufgrund der wärmer werdenden Sommer. Denn sie begünstigen per se höhere natürliche Alkoholgehalte, sprich Zuckerwerte in den Trauben. Das Erbslöh-Konzept „LA-C und LA-HOG“ soll „für mehr Frucht, Harmonie und Mundgefühl bei weniger Alkoholbildung“ sorgen. Die speziell selektierte Hefe bildet zusammen mit ergänzenden Hefenährpräparaten in der alkoholischen Gärung weniger Alkohol, dafür mehr vom höherwertigen Alkohol Glycerin, der die Weine fülliger und runder erscheinen lässt.
„Der Name LA-HOG steht für Low Alcohol – High Osmolarity Glycerol. Das Aromaprofil entspricht den heutigen Kundenanforderungen und es lassen sich moderne und leichte Weine produzieren“, verspricht Erbslöh.
Das Konzept spiegelt den Trend wider, der sich derzeit durch die gesamte önologische Forschung zieht: Wie gelingt es in Zeiten des Klimawandels verträgliche Weine mit moderatem Alkoholgehalt zu erzeugen, die zugleich fruchtig und erfrischend zu genießen sind? Die Weinbranche ist dem Trend auf der Spur, wie sich auch auf der drinktec, der führenden Plattform für Getränketechnologie, im September 2021 an den Ständen der Firmen für Rohstoffe, Behandlungsmittel und Zusatzstoffe oder der Steuerung und Technologie biologischer Prozesse zeigen wird.