Themenwoche Flexibilität: Brauriesen mischen Craft-Beer-Markt auf
Craftwerk Brewing, Ratsherrn oder Brauerei im Eiswerk: Die wenigsten Biergenießer wissen, dass hinter diesen Kreativmarken große Braukonzerne stecken. Mit hoher Flexibilität zeigen Bitburger, Radeberger oder Paulaner, dass sie sich auch in der Spezialitätenbier-Szene behaupten können.
Mit dem Erfolg der internationalen Craft-Beer-Bewegung wächst auch in der klassischen Bierbranche der Mut zu Kreativität und Sortenvielfalt. Aber nicht nur kleine Brauereien toben sich in der neuen Bierwelt aus und bereichern den Markt mit ungewöhnlichen Suden. Zunehmend springen auch die allseits bekannten Braugiganten und mutige Traditionsbrauereien auf den rollenden Spezialitäten-Zug auf. Einige von ihnen – wie etwa Becks und Köstritzer – erweitern derzeit ihr Sortiment unter eigener Flagge, andere gründen Kreativableger um Stammkunden nicht zu verprellen und dennoch die neue Craft-Szene zu beglücken.
Radeberger, Bitburger und Paulaner – Craft Beer zur Neupositionierung auf dem Markt
Als einer der Wegbereiter für die deutsche Craft-Beer-Szene gilt Marc Rauschmann. Vor rund sieben Jahren gründete er mit einem Partner „Die Internationale Brau-Manufacturen GmbH“, kurz „Braufactum“. Rauschmann selbst entwickelte als Braumeister seit Beginn besondere Spezialitätenbiere, die hierzulande bisher kaum bekannt waren. Wer genauer hinsieht entdeckt, dass die Marke „Braufactum“ ein Kreativableger der Frankfurter Radeberger Gruppe ist. Marc Rauschmann löste mit seinen Spezialitäten innerhalb des Konzerns zusätzlich einen neuen Trend aus. Nicht nur Getränkemärkte führen sein Sortiment. Rauschmann platzierte die Biere auch in speziellen Kühlschränken in Supermärkten. Seine Philosophie ist es, Bier auf Augenhöhe mit Wein zu etablieren. So gibt es inzwischen die Braufactum-Spezialitäten auch in ausgewählten Weinshops.
Auch Pils-Spezialist Bitburger wartet mit einer modernen Schwestermarke namens Craftwerk Brewing auf. Chef-Braumeister Stefan Hanke entwickelt mit seinem Team immer wieder neue Spezialitäten, mit denen sie bereits zahlreiche Awards gewannen. Fest im Sortiment: nebst einem Single Hop Pale Ale namens „Tangerine Dream“, dem American India Pale Ale „Hop Head IPA⁷“ und „Holy Cowl“, einem belgisches Tripel, gibt es seit vergangenem Jahr auch ein Sweet Stout mit dem Namen „Dark Season“.
Selbst der Münchner Brauriese Paulaner schuf mit der „Brauerei im Eiswerk“ einen namhaften Kreativ-Spross. Ein kleines Team arbeitete in einer ausgelagerten Micro-Brauerei an uralten, teilweise längst vergessenen, aber modern interpretierten Bierstilen. Spezialität des Hauses sind Bockbiere, die mit einem Alkoholgehalt von bis zu 22 Prozent aufwarten und in speziell designten Flaschen angeboten werden. Darunter ein limitierter, kastanienbrauner Eisbock in der 0,25 Liter Flasche, der in der Craft-Szene schon beinahe Kultstatus genießt.
Traditionsreiches deutsches Bier mit internationalem Einfluss
Flexibilität beim Angehen neuer Märkte zeigt auch die Nordmann-Gruppe. 2013 eröffnete die Braustätte ihren Kreativ-Ableger „Ratsherrn“ in Hamburg, eine Micro-Brauerei, deren Leiter zuvor für die Bostoner Samuel Adams Brewery, einem der renommiertesten US-Craft-Pioniere, als Entwicklungsbraumeister arbeite. Sein Know-how bringt Ian Pyle jetzt auch bei der Entwicklung neuer Ratsherrn Bierstile ein. Neben einem modern interpretierten Pils braut die Ratsherrn-Mannschaft auch India Pale Ales, Witbier oder Porter – fast jede Kreation wurde schon mit Medaillen ausgezeichnet.
Im vergangenen Jahr überraschte auch Becks mit vier neuen Premium-Abfüllungen die Craft-Community. Darunter ein sogenanntes Amber Lager, ein Pils nach Rezepturen von 1873, ein Pale Ale nach englischen Vorbild und einem Red Ale mit einem Anteil frisch gerösteter Gerste. Auch Deutschlands älteste Schwarzbierbrauerei Köstritzer experimentiert seit Kurzem am Sudkessel. Ihr Portfolio glänzt unter anderem durch ein belgisches Witbier, mit zartem Zitrus-Charakter, das schon mehrere Awards einheimsen konnte.
Eine Ausnahmeerscheinung unter den Traditionsbrauern ist auch das 1368 gegründete Brauhaus Riegele in Augsburg, aus dem mittlerweile über zwanzig Spezialitätenbiere aus handwerklicher Herstellung kommen. Zu den experimentierfreudigen Vorreitern in die Kategorie innovativer Mittelständler zählt ebenso die Brauerei Maisel in Bayreuth. Vor knapp drei Jahren gründete Jeff Maisel das kreative Standbein „Maisel & Friends“ und traf mit ungewöhnlichen Bier-Kreationen „genau den Nerv der Zeit“ (Zitat Maisel). Der umtriebige Pionier sieht die Verbindung aus Tradition und Moderne als Zukunftschance für die gesamte mittelständische Brauindustrie.
Drinktec – Treffpunkt für Traditions- und Kreativbrauer
Der Spagat aus Tradition und Moderne zeigt sich auch auf der kommenden drinktec. Auf dem Bierareal place2beer in Halle B1 präsentieren Kreativbrauer ihre Spezialitäten und erklären gern, warum uralte Bierstile wieder neuinterpretiert und vor allem modern umgesetzt werden. Außerdem bilden aktuelle und historische Biertypologien wichtige Kategorien beim European Beer Star, einem der renommiertesten Bierwettbewerbe der Welt. Bei der Publikumsverkostung des Awards am 12. September auf der drinktec hat jeder Besucher die Möglichkeit, erstklassige Biere aus der ganzen Welt zu testen und zu bewerten.
Der place2beer wird unterstützt von:
- Barth Haas Group
- Bayerische Brauerbund
- BeverageDaily.com
- Brewing, Food & Beverage Industry Suppliers Association (BFBi)
- Deutscher Brauerbund
- Gebo Cermex
- KHS
- Sahm GmbH
- The Brewers of Europe
- William Reed Business Media