Frauen am Sudkessel

Für viele Frauen galt Bier lange Zeit als langweiliger Anti-Drink. Doch jetzt rühren sie wieder am heimischen Sudkessel, absolvieren eine Sommelier-Ausbildung oder entscheiden sich gleich ganz für den Brauberuf – der Craft-Bierbewegung sei Dank.

Viele Frauen verschwören sich zunehmend dem Thema Bier. Aber hinter der weiblichen Affinität zu schmackhaften Gerstensäften steht eigentlich eine uralte Geschichte: Von der Antike bis ins Mittelalter war Brauen nicht Männer- sondern meist Frauensache. Schon die Grabinschriften der Ägypter vor 4000 Jahren zeigten Frauen am Sudkessel. Bei den Babyloniern, die angeblich das Bier erfanden, gab es einschlägige Hymnen an die Biergöttin Ninkasi. Und in Spanien heißt das Bier noch heute Cervesa, nach der römischen Göttin Ceres. Damals erhielten Frauen zur Hochzeit häufig sogar einen Braukessel geschenkt. Erst später verdrängten Mönche die Brauerinnen zunehmend vom Sud, weil die Klöster im Bierausschank eine Einnahmequelle entdeckten.

Für viele Frauen galt Bier lange Zeit als langweiliger Anti-Drink. Diese Zeiten sind (zum Glück) vorbei.

Für viele Frauen galt Bier lange Zeit als langweiliger Anti-Drink. Diese Zeiten sind (zum Glück) vorbei.

Inzwischen hat die Craft-Bierszene weltweit vieles verändert: Immer mehr Frauen entscheiden sich für den Brauberuf oder übernehmen gleich ganze Brauereien. Bier-Unis wie Weihenstephan oder Berlin registrieren ein wachsendes Interesse von Bewerberinnen. Auch bei den Heimbrauer- und Online-Biershops bestellen zunehmend Frauen. Und selbst die Anzahl weiblicher Bier-Sommeliers steigt rasant. Das registriert auch Christoph Kämpf, Präsident des Verbands der Diplom-Biersommeliers. Er führt diese Begeisterung unter anderem darauf zurück, dass die Biervielfalt deutlich zunimmt und inzwischen viele internationale Spezialitäten mit ganz besonderen Aromen erhältlich sind. Aber für Kämpf ist auch eines klar: „Frauen haben eine viel höhere Affinität zu Genussthemen und verfügen meist über ein besser ausgebildetes Geschmacksempfinden als Männer.“

Klar aber ist: Im gesamten deutschsprachigen Raum hat die Craft-Bierbewegung einen Genusstrend ausgelöst, an denen kreative Braumeisterinnen maßgeblich beteiligt sind. Dazu zählen die Schwestern Kathrin und Stephanie Meyer von der „Braukatz“ aus Nesselwang im Allgäu, Sabine Thaler von „Camba Bavaria“ in der Nähe des Chiemsees, Tanja Leidgschwendner von der „Brauerei im Eiswerk“ in München, die „Bierfeen“ aus dem oberfränkischen Hof, die allesamt mit spannenden Bierspezialitäten aufwarten können. Aber auch Martina Gastager von der Brauerei Gusswerk in Hof bei Salzburg sowie Elfriede Forstner aus der Forstner Brauerei in Kalsdorf bei Graz, begeistern ihre wachsende Fangemeinde mit ganz individuellen Suden. Forstner etwa führt seit dem Tod ihres Mannes erfolgreich die Braustätte weiter und rührt sogar selbst in den Bottichen. „Anfangs hatte ich zwar kaum Ahnung vom Brauen,“ gesteht die 46-jährige Hopfenkünstlerin, „aber mittlerweile bin ich richtig stolz auf meine Biere.“

Stolz ist auch Lisa Luginger auf ihre Tätigkeit. Sie ist Biersommelière und gibt in Seminaren oder Verkostungen ihre Bierwissen an andere weiter. Aber wie ist es eigentlich als Frau in einer angeblichen Männerdomäne? Weder Elfriede Forstner, noch die Schwestern von Braukatz oder Lisa Luginger hatten damit bisher ernsthafte Probleme. Keine von ihnen möchte sich in eine Schublade quetschen lassen und sie können nur darüber schmunzeln, wenn es immer noch heißt: Bier ist Männersache.

Mareike Hasenbeck

Mareike Hasenbeck ist freie Journalistin, Craft-Bier-Bloggerin von Feiner Hopfen sowie Biersommelière und international DLG geprüfte Sachverständige für Bier-Sensorik.