Bier-Kuriositäten aus dem Brauerkosmos

frisch gezapftes Bier
Kuriositäten aus der internationalen Bierszene.

Die internationale Bierszene überrascht mit immer neuen und ganz ungewöhnlichen Gerstensäften, die – fernab des deutschen Reinheitsgebots – mit fragwürdigen Zutaten gebraut werden, aber manchmal mit originellem Aromaspiel überzeugen.

Bevor im Jahre 1516 das Deutsche Reinheitsgebot verabschiedet wurde, warfen Brauer so ziemlich alles in die Sudkessel, was irgendwie möglich war. Dazu gehörten nicht selten Ochsengalle, Tollkirschen oder Fliegenpilze, die häufig zu Krankheit und Tod führten. Skurrile Bierrezepte sind in der Geschichte des Gerstensaftes also nicht ungewöhnlich.

Allein in Deutschland gibt es rund 5000 Biersorten, die allerdings meist nur nach der Formel – Wasser, Hopfen, Malz und Hefe – gebraut werden. Vor allem die Belgier konnten ihre traditionellen Rezepte über die Jahrhunderte retten. Ihre Biere sind mit frischen Erdbeeren, Kirschen oder Pfirsichen angesetzt und erfreuen noch immer die Genießer. Aber erst die Brauer der Neuzeit trauen sich wieder mehr zu experimentieren. In der jungen Craft-Bierszene werden die Sude mit Koriander, Rosmarin oder exotischen Pfeffersorten angesetzt. Kreative Brauer verwenden aber auch schon mal Vanille-Schoten, Zitronengras oder frische Chili-Sorten.

Auch wenn heutzutage niemand mehr an schrägen Bierbeigaben stirbt, so überraschen internationale Brauer immer wieder mit Kuriositäten und seltenen Suden. Einer der wohl schrägsten Gerstensäfte kommt alljährlich aus Island. Etwa 100 Kilometer nördlich der Hauptstadt Reykjavik, nahe des Küstenstädtchens Borgarnes, sorgt jedes Frühjahr wieder eine winzige Brauerei für Schlagzeilen in der globalen Brauszene. Das 2012 gegründete „Brugghús Steðja“ setzte vor zwei Jahren erstmalig einen Sud mit dem zu Mehl verarbeiteten Knochen eines Finnwales an. Die Meldung über dieses Bier namens „Hvalur Þorrabjór Steðja“ ging um die ganze Welt und rief kräftige Proteststürme von Tierschützern hervor.

Produziert haben die Isländer dieses Lager nur für ihr nordgermanisches Opferfest „Thorrablot“. Die Feier stammt aus der Wikingerzeit und ist Teil nordländischer Volkskultur. Dabei werden alljährlich zwischen Januar bis Februar uralte Bräuche zelebriert, ähnlich wie hierzulande das Verspeisen von Kirta-Gans, Weihnachtsente oder Osterlamm. Nach dem unverhofften Interesse am ersten Walsud wurde die Rezeptur zum Winterfest im vergangenen Jahr sogar noch getoppt. Anstatt Walmehl verwendeten die Isländer bei „Hvalur 2“ diesmal Finnwal-Hoden. Die Weichteile des Meeressäugers werden nach alter, isländischer Tradition gehärtet, gesalzen und dann über Schafsdung geräuchert. Mit 5,1 Prozent ist das Walbier eher leicht, aber dennoch kräftig im Geschmack. Der Hvalur-Drink schmeckt keineswegs nach Fisch, eher paaren sich Fruchtnoten von roten Beeren mit einem leichten Raucharoma.

Nur eines der kuriosen Biere aus aller Welt: das Beard Beer von der Rogue Brewery (Photocredit: Rogue Brewery)

Nur eines der kuriosen Biere aus aller Welt: das Beard Beer von der Rogue Brewery (Photocredit: Rogue Brewery)

Tausende Kilometer westlich von Island sorgt die Farmbrewery Rogue aus Oregon für Ekel und Furore. Das kurioseste Bier der „Schurken“ (engl. Rogue), die mittlerweile rund 60 Sorten im Regal haben, ist wohl das „Beard Beer“. Die Idee hinter diesem Ale entstand angeblich eher aus Spaß: Braumeister John Maier opferte einige Haare aus seinem wilden, bereits graumeliertem Rauschebart und schickte sie ins Labor. Sein Wuchs gedeiht angeblich seit 1978. Maier behauptet daher, dass sein Bart schon bei annähernd 15.000 Suden dabei war. Also ist es wohl kein Wunder, dass in seinem Gesichtshaar tatsächlich die passende Hefe-Kultur für den Brauprozess gefunden wurde.

Mit Freude testeten die Rogue-Brauer sofort die natürliche Züchtung im Sudkessel. Das Ergebnis: Ein sogenanntes „American Wild Ale“, das keineswegs so schauderhaft schmeckt, wie manche vielleicht glauben. Ganz im Gegenteil: Es entfaltet dezent fruchtige Noten, eine angenehme Würze und ein leicht herbes Finish. Und nach schmierigem Barthaar schmeckt das 4,8-prozentige Ale wirklich nicht! Dafür sorgen schon Zutaten, wie Münchner und Pilsner Malz, sowie blumiger Sterling Hopfen. Alles zusammen gibt dem Sud einen appetitlichen Goldton im Glas, ein paar Zitrusnoten in der Nase und eine leichte Honigsüße auf der Zunge. Doch solche Sude erscheinen nur halb so wild, wenn Branchengerüchte stimmen, dass es einen US-Brauer gibt, der die Experimentierfreude von John Maier noch bei Weitem übertrifft. Angeblich züchtete dieser die Hefe für sein Bier in der eigenen Unterhose. Ob das den Geschmack von Bierfreunden trifft, muss wohl jeder für sich entscheiden.

Nicht ganz so kurios geht es im Nachbarland Kanada zu. Dort würzt die Kreativbrauerei Steamworks aus Vancouver, die ihre Braukessel immer noch mit Dampfleitungen aus der Pionierzeit beheizen, ihren Sud namens „Killer Cucumber“ mit Bio-Gurken. Das obergärige Bier mit viel Kohlensäure, ist von den Brauern als sommerliche Erfrischung gedacht. Ein brotiges Malzaroma, kombiniert mit frischen Zitronennuancen und einer gewissen Herbe, unterstützt die spritzige Salatgurkennote. Belgische Hefe vollendet den Sud mit einem Hauch von Marille und schwarzem Pfeffer. Für Bierfans ist die Killergurke ein echter Durstlöscher, der sogar den Salatgeschmack beim Grillen ersetzen kann.

Nichts für Vegetarier dagegen ist ein Bier aus den Niederlanden. Es besitzt weder Alkohol, noch Kohlensäure. Gebraut wird „Kwispel“, dass so viel bedeutet wie „mit dem Schwanz wedeln“, mit einer kräftigen Rinderbrühe. Weil das ziemlich nährreich klingt, gilt dieser Gersten-Fleischsaft sogar als besonders gesundes Nahrungsergänzungsmittel. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um ein Bier für menschliche Genießer, sondern für vierbeinige Feinschmecker. Dieses Rinderbier ist speziell für Hunde gebraut, wie auch das belgische „Snuffele“-Bier, das Interessenten inzwischen auch online bestellen können – wahlweise mit Rind- oder Huhn-Geschmack. Der Gag bei diesem Bello-Bier: Singles müssen abends vor dem Fernseher nicht mehr alleine trinken.

Mareike Hasenbeck

Mareike Hasenbeck ist freie Journalistin, Craft-Bier-Bloggerin von Feiner Hopfen sowie Biersommelière und international DLG geprüfte Sachverständige für Bier-Sensorik.